0
Aktiv Kultur + Lifestyle

Pueblos blancos de Andalucía – mit dem Bike von Conil nach Vejer de la Frontera.

Los Pueblos blancos de Andalucía – die weissen Dörfer Andalusiens.

Als Pueblos blancos werden die strahlend weissen andalusischen Dörfer bezeichnet, die sich zwischen Malaga und Cádiz aufreihen. Und zu einem dieser weissen Dörfer, das nicht so prominent wie beispielsweise Ronda, aber nicht minder interessant ist, führt die ¡Viva España! Radtour, sportlich auf ausgefallener Route über Pisten und Nebenstrassen. Vejer de la Frontera, ein Altstadtkern, beschützt von einer zwei Kilometer langen Stadtmauer, das über den marismas und der costa von Cádiz thront.

Auf der Ruta por los Pueblos blancos de Andalucía, in die Vergangenheit und die andalusische Lebensweise einzutauchen, ist ein spannendes und schmackhaftes Abenteuer. Viel Geschichte, gastfreundliche Menschen, eine einfache aber interessante Küche, die sich damals wie heute regionaler Produkte bedient. Die Palette dieser ist breit und von hoher, teils weltweit einzigartiger, Qualität: Vom Roten Thun, über die Vaca retinta, ein besonders schmackhaftes Rind, exquisitem Schinken vom Pata negra, jegliche Arten von Käse, Früchte vom Feld und aus dem Garten und mehr reicht die Liste. Andalusien ist nicht immer karg und ausgetrocknet, wie es Touristen im Sommer erleben. Im Frühling steht Küste wie Hügellandschaft in üppiger Blühte. Ausgedehnte Getreidefelder geben neben dem tiefen Grün der Olivenhaine, einen schönen Farbkontrast ab und geht es nach Norden, prägen Korkeichenwälder, die Savanne Europas, das Landschaftsbild, in denen das Vieh idyllisch grast. Über all dem liegt eine ansteckende tranquilidad, eine Entspanntheit, die in Andalusien gelernt werden kann, auch heute noch. Abseits des Tourismus wird die Siesta noch streng eingehalten, denn die gilt in Spanien als Kulturgut. Hemingway verliebte sich in dieses Spanien und widmete ihm einige seiner Bücher, Fiesta beispielsweise.

Frühling an der Costa de la Luz – die Küstenpfade des Arco Atlántico ein Blütenrausch.

Frühling an der Costa de la Luz – die Küstenpfade des Arco Atlántico ein Blütenrausch.

Der Ruta por los Pueblos blancos de Andalucía zu folgen, ist etwas besonderes. Auch mit dem Rad oder als Fernwanderung ginge das. An jeder Ecke Kultur, bewegte Geschichte, ein Landstrich der iberischen Halbinsel, der so schön und reich ist, dass er über Jahrtausende hart umkämpft war. Kurvig geht es durch sierras und dann plötzlich tauchen sie immer wieder auf, wie aus dem Nichts, die weissen Dörfer. Markant ragen dicht gedrängte weisse Häuser, auf gut zu verteidigenden Erhebungen, in den tiefblauen Himmel. Besonders spektakulär präsentieren sich Ronda und Arcos de la Frontera. Letzteres ist noch nicht annähernd so überlaufen wie Ronda und hat sich seine Gemütlichkeit in den kleinen Tavernen der Altstadt erhalten.

Taverne in der Altstadt von Arcos de la Frontera.

Taverne in der Altstadt von Arcos de la Frontera.

Vejer de la Frontera – verwinkelte Gassen und viel Geschichte.

Von Conil de la Frontera wird es mit dem Rad nach Vejer de la Frontera gehen. Der in Andalusien oft anzutreffende Ortszusatz „de la Frontera“ gibt Auskunft darüber, dass diese Dörfer in Zeiten der Reconquista auf der Grenzlinie zu den bereits zurück gedrängten Mauren lagen, die nach und nach al-Andalus verloren. Andalusien darf nicht mit al-Andalus gleich gesetzt werden.*) Die Reyes Católicos, Isabel I de Castilla und Fernando II de Aragón, beendeten am 2. Januar 1492 erfolgreich die Reconquista. An diesem Tag übergab der letzte nasridische Herrscher Muhammad XII. kampflos die Schlüssel der Stadt. Der Belagerungszustand war zu erdrückend: Die Reyes Católicos errichteten 15 Km westlich von Granada die Stadt Santa Fe (Heiliger Glaube), um die Eroberung zu organisieren und hatten im Vorjahr die Landwirtschaft rund um Granada zerstört. Nach der Kapitulation Granadas, waren die Kräfte und Mittel von Castilla y León frei, gleich den Portugiesen aufzubrechen, um neue Welten zu erobern. Das führte zum Tratado de Tordesillas (7. Juni 1494), in dem sich Spanien und Portugal die neu zu entdeckende Welt aufteilten. Bald folgte den Reyes Católicos der Habsburger Karl V. aka Carlos primero und schuf ein Reich, das die Welt in dieser Grösse noch nie gesehen hatte und danach nie mehr sah.

Die verwinkelten Gassen von Vejer de la Frontera.

Die verwinkelten Gassen von Vejer de la Frontera.

In allen bedeutenden Orten und Städten Andalusiens, stösst der kulturgeschichtlich Interessierte auf faszinierende Geschichte. Keltiberer, Phönizier, Römer und Mauren sind allgegenwärtig. Strategisch bedeutende Orte, hoch und gut zu verteidigen gelegen, mit weiter Sicht über Land und Küste, teilen meist eine ähnliche Geschichte. Erst siedelten die Keltiberer auf ihnen, darauf errichteten Römer Befestigungen und auf diesen später Mauren ihr Alcázar. Nach der Reconquista wurden spanische Burgen daraus. Vor allem Burg- und Stadttore erinnern daran, besonders markant beispielsweise in Medina-Sodonia nahe Conil und Vejer. Nur die Phönizier sind auf diesen markanten Erhebungen nicht gegenwertig. Sie waren ein Seefahrervolk, das primär vom Handel lebte. Phönizier hinterliessen ihre Spuren in den spanischen Hafenstädten wie Barcelona oder Cádiz die sie gründeten, um die nördliche Mittelmeer Küste zu kolonialisieren. Cádiz gilt als die älteste Stadt Europas.

Das maurische Stadttor von Medina-Sidonia.

Das maurische Stadttor von Medina-Sidonia.

Vejer de la Frontera ist einer dieser strategisch bedeutenden Orten, die Völker der iberischen Halbinsel einst besiedelten. Es liegt auf einem Hochplateau, das gut zu verteidigen war und in den heissen andalusischen Sommern ein angenehmes Klima bietet. Die Radtour führt direkt von der Küste nach Vejer, eine Route, die kaum ein Tourist einmal mit dem Auto nimmt. Sind die Windmühlen auf dem Hochplateau erreicht, wird der strategische Wert dieser Lage offensichtlich. Die gesamte Küste wird überblickt, vom Cabo de Trafalgar bis weit hinauf nach Cádiz, sowie die weiten Ebenen des Umlandes. Landeinwärts fällt die Hochebene steil ab und dort wurde die Burg errichtet. Die Route, die ¡Viva España! mit dem Fahrrad nehmen wird, führt über Asphalt und dann Piste durch marismas, sumpfiges Schwemmland, nach Vejer. Zu früheren Zeiten wäre ein Angriff der Stadt über diese Route unmöglich gewesen, denn das Marschland hätte kein Heer durchqueren können.

Der Plaza de España in Vejer de la Frontera.

Der Plaza de España in Vejer de la Frontera.

Vejer de la Frontera lockt mit viel Geschichte und einer Bilderbuch Altstadt, in der sich nette Touristen Läden und kleine Restaurants, Bars und Cafés finden. Im Gegensatz zu vielen anderen touristischen Orten, ist die Altstadt tatsächlich noch von Einheimischen bewohnt, verkam also nicht zu einem Freilichtmuseum. Es herrscht Leben in ihr, besonders plakativ in der Off-season, wenn die Bewohner des casco am frühen Morgen die Bars zum Frühstück bevölkern. Der werktätige Spanier nimmt sein desayuno traditionell in einer Bar zu sich. Das ist preiswert in Spanien und es fällt in Gegensatz zum Abendessen schmal aus.

Die Stadtmauer von Vejer de la Frontera.

Die Stadtmauer von Vejer de la Frontera.

Die Stadtmauer von Vejer de la Frontera.

Die Stadtmauer von Vejer de la Frontera.

Eine historische Besonderheit von Vejer ist seine Stadtmauer. Sie ist zwei Kilometer lang, umschliesst vollständig die Altstadt, die durch vier Tore betreten werden kann und ist nahtlos erhalten.

Das Stadttor Puerta Cerrada in Vejer de la Frontera.

Das Stadttor Puerta Cerrada in Vejer de la Frontera.

Das Stadttor Puerta de la Segur Vejer de la Frontera.

Das Stadttor Puerta de la Segur Vejer de la Frontera.

Wird durch die Altstadt geschlendert, sollte auf die schönen Keramik Tafel geachtet werden, die Auskunft über Historisches geben. Sie sind in Spanisch gehalten. Gut für jene, die daran arbeiten, den Bewohnern der Peninsula mit einem soliden Castellano zu begegnen. In den weissen Dörfern Andalusiens, wird immer wieder auf das Geschlecht der Guzmanes gestossen, auch in Vejer. Castillo de Guzmán in Tarifa, Torre de Guzmán in Conil, oder auch Bannmühlen, so in Conil, die dem Geschlecht der Guzmanes u.a. gehörten. Die Guzmanes, sie waren wohl frühe Morisken, dienten über Generationen sehr erfolgreich den jeweiligen Königshäusern und machten sich besonders während der Reconquista einen Namen. Sie wurden für ihre Dienste reich belohnt, erhielten Ländereien, das Privileg, den Roten Thun an der Costa de la Luz zu jagen, durften Bannmühlen betreiben, hoben gegen Anteil Steuern für die Krone ein, um nur einiges zu nennen. Alonso Pérez de Guzmán legte den Grundstein für den Einfluss und Reichtum seines Geschlechts. Durch die erfolgreiche Verteidigung und Sicherung der Strasse von Gibraltar von Tarifa aus, begann sein Stern zu steigen und er wurde ab dann „El Bueno“ genannt. Ab 1299 war er auch Herr über Vejer de la Frontera.

Die interessanten Keramiktafeln in Vejer de la Frontera.

Die interessanten Keramiktafeln in Vejer de la Frontera.

Von Conil nach Vejer de la Frontera – die Tour in Zahlen.

Vom wunderschönen Conil de la Frontera, das neben seiner quirligen Altstadt mit kilometerlangen Sandstränden wie auch kleinen Badebuchten lockt, geht es auf besonderer Route nach Vejer de la Frontera. Der Autotourist nimmt ausschliesslich die breite Bundesstrasse Richtung Vejer, um dann vor dem Hochplateau auf eine Strasse abzubiegen, die sich immer steiler werdend nach Vejer hinauf schlängelt. Landschaftlich deutlich schöner ist die Radroute, die ¡Viva España! wählt. Es geht entlang der Küste, dann wird auf Piste der Naturpark La Breña y Marismas del Barbate durchquert, dabei die kulturgeschichtlich bedeutende Ermita de San Ambrosio mitgenommen, um folgend auf die schmale Landstrasse Avenida de Buenavista einzubiegen. Der Name ist Programm: Eine wunderbare Panoramastrasse, es geht durch Hügel in einem Auf und Ab und dann giftig zum höchsten Punkt, dem Cerro de Buenavista (209 m), auf das Hochplateau von Vejer. Am cerro, der Anhöhe, stoppen und phantastische Blicke über Küste und Vejer geniessen. Kurz danach ist Vejer erreicht. Wird diese Variante als ida y vuelta gefahren, sind, je nachdem, was in Vejer noch anstehen soll, 44 Km und 480 Hm zu bewältigen. Hört sich nicht viel an, kann aber unter der andalusischen Sonne und wenn dann noch der Levante pfeift, ein ziemlicher Brocken sein.

Conil de la Frontera – Barrio de los Pescadores.

Conil de la Frontera – Barrio de los Pescadores.

Kondition und Wetter sind nicht bei jedem gleich. So kann es sein, dass dem kulturell interessierten Radsportler die Tour noch etwas knapp erscheint. Jenen wird empfohlen, am Rückweg von Vejer die schmale, teils steile und sehr kurvenreiche CA-5203 nach Osten hinunter in die Ebenen zu nehmen. Es wartet eine fulminante Abfahrt. Dann wird nach Süden abgebogen, um die Stadt Barbate an der Küste zu erreichen. Von dort geht es entlang der Küste, durchgehend auf gesichertem Radweg, retour nach Conil. Der Vorteil dieser Route, ein Besuch des geschichtsträchtigen Cabo de Trafalgar mit seinem markanten, weissen Leuchturm, kann in die Radrunde eingebaut werden, denn das liegt direkt an dem Wegverlauf. Die herrlichen Strände nördlich und südlich des Kaps, verführen zum Baden. Wenn die Saison Anfang Juni startet, wartet auch eine nette chiringuito am Strand mit Leckereien und Getränken bis in den Herbst auf. Wird die Tour derart erweitert, können rund 10 Km und knapp 200 Höhenmeter mehr angesetzt werden. Wer das noch in den Beinen hat, sollte die Tour derart in Angriff nehmen.

Der Leuchtturm am Cabo de Trafalgar an der Costa de la Luz, Provinz Cádiz.

Der Leuchtturm am Cabo de Trafalgar an der Costa de la Luz, Provinz Cádiz.

Die chiringuito "Faro Beach" am Playa de Trafalgar, Cabo de Trafalgar, Costa de la Luz.

Die chiringuito “Faro Beach” am Playa de Trafalgar, Cabo de Trafalgar, Costa de la Luz.

Cruz de Moreno – Ermita San Ambrosio – Mirador de El Santo y Trafalgar.

Die Biketour nach Vejer de la Frontera beginnt an einem herrlichen Frühlingsmorgen. Die Temperaturen sind für Sportler angenehm, der Himmel strahlt tiefblau. Noch ist es ruhig in Conil und an seinen traumhaften Stränden. Um genug Kraft in den Beinen zu haben, zuerst in ein nettes Café, um sich mit einem soliden tortilla francesa zu stärken. Zitronenwasser und café solo, wärmt den Kreislauf vor. Das GPS beginnt am Cruz de Moreno aufzuzeichnen, ein historischer Ort. Es ist eines der ursprünglich sechs Wegkreuze, die einst an den Stadtgrenzen von Conil auf die Reisenden warteten. Dort wurde für sicheres Geleit gebetet, denn die Wege waren damals in vielerlei Hinsicht unsicher. Wer am Cruz de Moreno vorbei kam, machte sich nach Jerez de la Frontera, gar Sevilla oder noch weiter nach Huelva auf, folgte vielleicht der Via de la Plata, dem Silberweg, in das Minengebiet um den Río Tinto. Angeblich sollen noch vier dieser Wegkreuze existieren, aber zu finden sind diese nicht mehr. Das Cruz de las Animas ist noch als einziges in den amtlichen Karten des Instituto Geográfico Nacional de España verzeichnet. Neben dem Friedhof von Conil soll es sein. An der ausgewiesenen Positionen steht es jedenfalls nicht mehr. Das Cruz de las Cuatro Hijuelas, das an der Ausfallstrasse nach La Lobita stand, also für jene Reisenden gedacht war, die nach Cádiz unterwegs waren, ist ebenso verschwunden. Das Cruz El Santo, befindet sich angeblich auf einem Privatgrundstück. Ob es noch existiert, fraglich.

¡Viva España! startet jedenfalls am letzten Wegkreuz, das noch sicher existiert. Wer es mit dem Glauben hat, kann am Cruz de Moreno um gute Trittfrequenz, solide Waden für den giftigen Anstieg zum Cerro de Buenavista (209 m) und pannenfreie Fahrt auf der Piste zur Ermita de San Ambrosio bitten, denn die ist übel. Alle anderen machen ein Foto, denn der Ort lebt Geschichte und könnte von vielen Schicksalen berichten. In den amtlichen Karten ist das Cruz de Moreno, wie auch in Google Maps, nicht verzeichnet. Es liegt unübersehbar am Kreisverkehr, an dem die stadtauswärts nach Nordosten führende CA-3208 und die Avenida de la Música aufeinander treffen (GPS Position s.u.).

Morgenkühle – am Cruz de Moreno in Conil de la Frontera.

Morgenkühle – am Cruz de Moreno in Conil de la Frontera.

Vom Cruz de Moreno erstmal flott bergab Richtung Südosten zur CA-2144. Es wird die Brücke über den Río Salado, den salzigen Fluss, genommen. Als salado werden Wasserläufe bezeichnet, die von der Flut gefüllt werden. Bei Ebbe fällt der Río Salado im Mündungsbereich trocken. Fotogene Blicke über den Fluss nach Conil, das im Morgenlicht erstrahlt. Etwas im Gegenlicht wird über Weizenfelder und die marismas hinüber zum historisch interessaten Torre de Castilnovo geblickt. Eine friedliche Stimmung liegt über der noch windstillen Atlantik Küste. Das sollte sich bald ändern, wenn die Sonne an Kraft gewinnt und die thermischen Winde antreibt.

Der Río Salado und Conil de la Frontera im frühen Morgenlicht.

Der Río Salado und Conil de la Frontera im frühen Morgenlicht.

Der Río Salado und die Marismas von Conil de la Frontera im frühen Morgenlicht.

Der Río Salado und die Marismas von Conil de la Frontera im frühen Morgenlicht.

Weiter über guten Radweg in leichtem Auf und Ab Richtung La Palmera. Es läuft, windstill, anfangs einwenig Gefälle, gut um die Muskeln warm zu fahren.

Der Radweg neben der CA-2144 nach Barbate.

Der Radweg neben der CA-2144 nach Barbate.

Würden den Radler nicht weite Sonnenblumenfelder begleiten, könnte es einwenig langweilig werden. Aber bald taucht der Torre de Castilnovo an der Küste auf, der als Wachtturm und Aussichtsposten für die Thunfischjagd diente. Er wurde beim grossen Erdbeben von Lisboa am 1. November 1755, samt der umliegenden Gebäude für Fischer und Händler, durch den folgenden Tsunami zerstört und erst kürzlich wieder rekonstruiert.

Vorbei an Sonneblumenfeldern – der Torre de Castilnovo und El Palmar de Vejer in der Ferne.

Vorbei an Sonneblumenfeldern – der Torre de Castilnovo und El Palmar de Vejer in der Ferne.

Vorbei an Sonneblumenfeldern – der Torre de Castilnovo und El Palmar de Vejer in der Ferne.

Vorbei an Sonneblumenfeldern – der Torre de Castilnovo und El Palmar de Vejer in der Ferne.

Südlich des Torre de Castilnovo liegt das bei Surfern angesagte El Palmar. Genau genommen heisst es El Palmar de Vejer, da es bereits zur Gemeinde Vejer gehört. Hier trifft sich die Jugend und die Surfer Szene. Hippe Cafes und Beach Bars säumen den Strand. Ein wenig anspruchsvoller Beach Break wird von den zahlreichen Surfschulen genutzt. Dafür ist er ideal. Wem es in Conil zu gesettelt ist, der sollte sich El Palmar ansehen. Vielleicht eine Idee für den Rückweg, um dort am Strand sein cenar zu nehmen. Mit dem Mountainbike kann von El Palmar ein sandiger Küsten Trail retour nach Conil genommen werden (s.a. Artikel unten).

Playa de El Palmera de Vejer – hier ist die Jugend und Surferszene zu Hause.

Playa de El Palmera de Vejer – hier ist die Jugend und Surferszene zu Hause.

Vorerst wird aber El Palmar rechts liegen gelassen. Weiter über den Radweg Richtung Zahora. Kurz vor dem Ort beginnt am Kreisverkehr die Gemeinde Barbate. Nicht zu übersehen, es wurde ein monumentaler Schriftzug aufgestellt, der die Anmutung eine Kindergarten Arbeit hat. Vor dem Kreisverkehr wird bereits die Ermita de San Ambrosio angekündigt und der Arroyo de San Ambrosio (arroyo für Bach) auf einer Brücke überquert. Der Kreisverkehr könnte rechter Hand zum schönen Strand Playa Mangueta verlassen werden. Der Tourenbiker nimmt aber die entgegen gesetzte Richtung und biegt auf die Carretera Arroyo de San Ambrosio ab.

Kreisverkehr an der Gemeindegrenze von Barbate und Abzweig auf die Piste zur Ermita de San Ambrosio.

Kreisverkehr an der Gemeindegrenze von Barbate und Abzweig auf die Piste zur Ermita de San Ambrosio.

Vor dem Kreisverkehr an der Gemeindegrenze von Barbate, weisst der Wegweiser auf die Piste zur Ermita de San Ambrosio.

Vor dem Kreisverkehr an der Gemeindegrenze von Barbate, weisst der Wegweiser auf die Piste zur Ermita de San Ambrosio.

Vom Kreisverkehr geht es in den Naturpark La Breña y Marismas del Barbate. Auf der holprigen Piste Carretera Arroyo de San Ambrosio wird es ruhig. Die wird vom motorisierten Verkehr nur als letzter Ausweg genommen, also von Locals, denn es warten hunderte Schlaglöcher in achsbrecher Tiefe darauf, Schaden anzurichten. Für den Biker wird der Abschnitt zum Slalom Parcour. Wird eines der Löcher übersehen, geht die Federgabel bis zum Anschlag in die Knie. Der Gemeinde ist das alles sehr recht, denn sie will auf dieser Abkürzung nach Vejer keinen Durchzugsverkehr sehen. Tiefe Schlaglöcher kommen durch die intensiven Regengüsse im Winter von selber, ein Fahrverbot wäre ein anspruchsvoller legislativer Akt auf Provinzebene, der kaum eine Erfolgschance haben dürfte.

Auf der Carretera Arroyo San Ambrosio durch den Naturpark La Breña y Marismas del Barbate.

Auf der Carretera Arroyo San Ambrosio durch den Naturpark La Breña y Marismas del Barbate.

Auf der Piste Richtung Ermita de San Ambrosio. Die Kilometer vergehen wie im Fluge, denn es heisst Konzentration auf der Piste. Nach Norden begleitet den Radfahrer eine schöne dehesa mit dichtem Baumbestand. Dazwischen grast die Vaca retinta. Das erinnert etwas an die Savanne Europas, die dehesas der Extremadura, mit ihren wunderschönen Korkeichenwäldern, den ausgedehnten Feldern und Wiesen dazwischen, die immer wieder pittoresk von dunkelgrauen Biotitgranit Formationen durchbrochen werden. Ein Spanienliebhaber sollte das gesehen haben.

Der Naturpark La Breña y Marismas del Barbate mit weidenden Vacas retintas.

Der Naturpark La Breña y Marismas del Barbate mit weidenden Vacas retintas.

Der Naturpark La Breña y Marismas del Barbate.

Der Naturpark La Breña y Marismas del Barbate.

Gegen Ende der Piste wird ein bedeutendes Kulturgut aus der Mitte des 7. Jhd., die Ermita de San Ambrosio, erreicht. Es liegt versteckt rechts neben der Piste und ist mittlerweile fast vollständig zugewuchert (Position s.u.), da das Obispado de Cádiz y Ceuta, zu dem das Heiligtum gehört, es verkommen lässt. Trotzdem sollte der kurze Abstecher zur ermita nicht ausfallen, denn wer weiss, wie lange dieser bedeutende Kulturschatz noch stehen wird. ¡Viva España! hat der Ermita de San Ambrosio einen eigenen Beitrag gewidmet. Das verdient sie. Interessierte finden ihn unten.

Die Ermita de San Ambrosio im Naturpark La Breña y Marismas del Barbate.

Die Ermita de San Ambrosio im Naturpark La Breña y Marismas del Barbate.

Nach dem Besuch der ermita weiter auf der holprigen Piste, die kurvig beginnt zu steigen und recht bald in die Avenida de Buenavista mündet. Die ersten hundert schattige Meter der avenida sind gepflastert, dann wechselt der Belag auf Asphalt.

Abzweig von der Carretera Arroyo San Ambrosio auf die Avenida de Buenavista Richtung Vejer de la Frontera.

Abzweig von der Carretera Arroyo San Ambrosio auf die Avenida de Buenavista Richtung Vejer de la Frontera.

Der Name Avenida de Buenavista verspricht gute Aussicht und das wird gehalten. Die schmale Strasse mit schlechtem Asphalt bietet gerade soviel Platz, dass zwei kleinere Autos aneinander vorbei kommen, alle anderen müssen sich arrangieren. Belebt ist sie nur an Stosszeiten, wenn Bewohner der Gegend zur Arbeit müssen beispielsweise oder am Wochenende, wenn PKW mit Anhängern zu einem Reiterhof unterwegs sind. Ansonsten ist es ruhig. Die avenida beginnt gleich in einem Auf und Ab, das sich steil gibt und zieht dann weiter an. Je weiter es nach oben geht, desto schöner werden natürlich die Ausblicke über Land und Küste. Und obwohl der höchste Punkt der Strasse bei 189 m erreicht werden wird, kommt durch das hügelige Terrain einiges an Höhenmetern zusammen.

Auf der Avenida de Buenavista Richtung Vejer de la Frontera.

Auf der Avenida de Buenavista Richtung Vejer de la Frontera.

Auf der Avenida de Buenavista Richtung Vejer de la Frontera.

Auf der Avenida de Buenavista Richtung Vejer de la Frontera.

Schöne Aussicht von der Avenida de Buenavista Richtung Küste und Conil de la Frontera.

Schöne Aussicht von der Avenida de Buenavista Richtung Küste und Conil de la Frontera.

Nach grandiosem Ausblick auf Conil de la Frontera und dessen Küste, geht es steil in einen Wasserlauf. Dort wartet die Fuente de Juan Cubierta auf 123 m Seehöhe, eine gefasste Quelle mit einer Handpumpe. Wasser darf sich der Biker nicht mehr erwarten, alles ist marode und kaputt. Es war zwar sehr freundlich „no potable“ an die Quellmauer zu sprühen, aber aus der Mosquito verseuchten Wasserlacke wird sich wohl niemand ohne Selbstmordabsicht bedienen. An heissen Tagen sollte die Quelle schnell passiert werden, denn hunderte blutrünstige winzige Mosquitos warten dort auf ihre Opfer, über die sie erbarmungslos herfallen. Ihre Stiche erzeugen auch bei Unempfindlichen ansehnliche entzündete Beulen, die über Tage höllisch jucken. Ein ¡Viva España! Tipp: Immer eine kleine Tube Neosyomol 20 mg crema dabei haben. Auf die Stiche aufgetragen, verhindert es das Anwachsen der roten Beulen und bekämpft den Juckreiz von beginn an wunderbar. Die kleinen Tuben sind in jeder Apotheke in Conil zu bekommen und kosten nicht viel. Von den diversen Insekten Abwehrsprays, lassen sich die Mosquitos an der spanischen Atlantikküste nicht beeindrucken. Die eigenartige Schallkulisse, die an der Quelle immer wieder zu hören ist, gleich einem tieffliegenden Flugzeug, stammt von dem Windpark oberhalb der Quelle, der bald erreicht werden wird.

Die Fuente de Juan Cubierta (123 m) an der Avenida de Buenavista.

Die Fuente de Juan Cubierta (123 m) an der Avenida de Buenavista.

Die Fuente de Juan Cubierta (123 m) an der Avenida de Buenavista.

Die Fuente de Juan Cubierta (123 m) an der Avenida de Buenavista.

Nun wird es übel. Die Strassenkehre, die an der Fuente de Juan Cubierta liegt, ist so steil, das Autos weit ausholen müssen, um sie schräg zu passieren. Fahrer, die das nicht machen, sitzen auf. Der Asphalt wechselt auf schräg gerillten Beton, damit bei Regen Fahrzeuge ohne 4×4 am steilen Anstieg nicht hängen bleiben. Nun zeigt sich, wie es um die Beinmuskulatur des Bikers bestellt ist. Taucht rechter Hand der Windpark auf, ist das Schlimmste überstanden. Noch ein langer, etwas angenehmerer Anstieg und ein Pass von 189 m Höhe wird erreicht. Rechts taucht die Altstadt von Vejer de la Frontera auf, links wurde am Scheitel der Strasse der Mirador Memorial a la Vida errichtet. Ein paar verwilderte Picknick Tische und Bänke, aber vor allem einige Zitate von Literaten über das Leben und die Natur. Spanier lieben ihre Poeten wie kein anderes Land. Das zeigt sich besonders im Parque María Luisa in Sevilla (Artikel dazu s.u.).

Eine der grossen Stahltafeln mit einem Zitat wurde am Picknick Bereich errichtet, eine weitere ist an einem Steinhaufen oberhalb angebracht, von dem aus ein fantastischer Blick auf die Küste geboten wird. Von dort ist das Cabo und der Faro de Trafalgar, Conil und die Küste bis weit hinauf nach Cádiz zu überblicken. Der Steinhaufen beginnt langsam zu wachsen. Wanderer bringen einen kleinen Stein mit, um ihn dort zurück zu lassen. So wie das Jakobspilger am Cruz de Ferro, mit 1.500 m der höchste Punkt der Camino francés Variante, tun. Nicht jedem ist die Symbolik bekannt. Nach der grössten Anstrengung des Weges, entledigt sich der Pilger einer Last, die er mit sich schleppt, wegen der er nicht selten seine Pilgerschaft antrat. Von dieser befreit geht es Santiago de Compostela entgegen. Der Brauch ist christlich nicht verankert und stösst regelmässig auf Ablehnung, denn der Pfaffe hat in der Beichte das mit der Sünde und Strafe zu regeln. Der gemeine Gläubige soll ja nicht daran denken, selbst mit seinem Herrgott in Verbindung zu treten. Dafür gibt es professionelle Vermittler.

Am Mirador Memorial a la Vida (189 m) auf den Altos de Buenavista.

Am Mirador Memorial a la Vida (189 m) auf den Altos de Buenavista.

Am Mirador Memorial a la Vida (189 m) auf den Altos de Buenavista.

Am Mirador Memorial a la Vida (189 m) auf den Altos de Buenavista.

Mirador Memorial a la Vida (189 m) mit Blick auf Faro y Cabo de Trafalgar sowie Conil de la Frontera.

Mirador Memorial a la Vida (189 m) mit Blick auf Faro y Cabo de Trafalgar sowie Conil de la Frontera.

Der Mirador Memorial a la Vida ist der Scheitel der Strasse aber nicht der höchste Punkt dort oben. Das ist der Cerro de Buenavista mit 209 m, der oberhalb einer ausserirdisch wirkenden Anlage der Flugsicherung liegt (s. Position u.). Er ist über eine holprige Piste zu erreichen. Aussicht gibt es keine, denn die ist zugewachsen. Der kleine Aussichtsturm, dessen Fundament noch zu finden ist, wurde abgerissen. Wohl ein Opfer der Anlage für den Flugverkehr. Der höchste Punkt des gesamten Höhenzuges, der Altos de Buenavista, wird aber erst etwas später an der Windmühle Molino de Santa Inés erreicht werden. Dort ist der Messpunkt, der Vértice Geodésico, des Instituto Geográfico de España errichtet und misst 219 m. Es ist der höchste Punkt der Gemeinde Vejer und er liegt auf Privatgrund.

Die Anlage der Flugsicherung am Cerro de Buenavista (209 m) auf dem Höhenzug Altos de Buenavista.

Die Anlage der Flugsicherung am Cerro de Buenavista (209 m) auf dem Höhenzug Altos de Buenavista.

Die Reste des Aussichtsturms am Cerro de Buenavista (209 m) auf dem Höhenzug Altos de Buenavista.

Die Reste des Aussichtsturms am Cerro de Buenavista (209 m) auf dem Höhenzug Altos de Buenavista.

Am Cerro de Buenavista, die Aussicht zugewachsen, also zurück auf die Avenida de Buenavista. Sie ist übrigens eine alte Militärstrasse. Der zivile Verkehr lief immer schon weit im Landesinneren fern des sumpfigen Schwemmlandes. Die Zunge klebt am Rachen, die Trinkflasche gibt keinen Tropfen Wasser mehr her. Es ist untypisch windstill hier oben und die andalusische Sonne zeigt, was sie auch im Frühling kann. Also weiter nach Vejer. An der Stadtgrenze taucht ein rettender Wasserspender auf (Position s.u.), der für die Bewohner des Viertels Barrio Nuevo installiert wurde. Das braucht es in Andalusien. Die Bewohner der Gegend gehen dort mit ihren Hunden spazieren. Unweit liegt auch der Startplatz des Drachenflieger und Paraglider Clubs von Vejer, die von dort Richtung Küste starten.

Am Scheitelpunkt der ehemaligen Militärstrasse Avenida de Buenavista – Ausblicke auf Vejer de la Frontera.

Am Scheitelpunkt der ehemaligen Militärstrasse Avenida de Buenavista – Ausblicke auf Vejer de la Frontera.

Stadtgrenze Vejer de la Frontera – der rettende Wasserspender an der Avenida de Buenavista.

Stadtgrenze Vejer de la Frontera – der rettende Wasserspender an der Avenida de Buenavista.

Der letzte Kilometer bis zur ersten kleinen Pause. Vom Wasserspender geht es flott abwärts, linker Hand in die Calle José María Pemán und dann vorbei an der Molino de Harinero de Morillo. Geduckte Haltung, den Schwung mitnehmen, es wird Speed aufgebaut. Dann, alles ignorierend, leicht links gegen die Einbahn in die Calle Miramundo aufwärts pfeffern. Hier herrscht nur Anwohnerverkehr, das kann riskiert werden. Die Molino de Márquez fliegt linker Hand vorbei, dann heisst es treten, der Schwung ist weg. Das Vértice Geodésico auf den Altos de Buenavista wird linker Hand passiert. Der übliche weisse Quader mit einem ebensolchen Zylinder oben drauf und dem Messingsiegel des Instituto Geográfico, das mit 219 m den höchsten Punkt der Gemeinde Vejer markiert. Noch die Molino de Santa Inés passieren und danach geradeaus vorbei an einer hässlichen Sendeanlage aufwärts zum Mirador de El Santo. Jesus breitet die Arme für die Besucher willkommen aus. Der Philosoph Giordano Bruno (* Januar, 1548, Nola – † 17.02.1600, Rom, Scheiterhaufen) hätte El Santo wohl gänzlich anders dargestellt.

Dass es sich bei der Statue um Jesus handeln muss, verrät die Schreibweise. Es ist der Aussichtspunkt de El Santo und nicht del Santo. Der mirador etwas verwahrlost wie auch die Sendeanlage, aber das ist schnell vergessen. Hier oben auf 209 m, so wird das vom GPS gemeldet, gibt es den absolut besten Ausblick über Vejer de la Frontera. Wer ein schönes Foto des Ortes anfertigen möchte, muss allerdings am späten Nachmittag erscheinen, denn vorher versaut das Gegenlicht eine gelungene Aufnahme. Ein Pfad führt vom Aussichtspunkt abwärts. Wer ihm folgt, erreicht die Windmühle Molino de la Cruz de Conil auf 172 m Seehöhe (Position s.u.). Das lohnt nicht, denn sie ist verfallen und Aussicht gibt es auch keine. Sie liegt an einem holprigen Karrenweg, der Calle Cruz de Conil. Am Ort, an dem die Windmühle errichtet wurde, fand sich einst ein Wegkreuz für Reisende, die nach Conil unterwegs waren. Auch das ist verschwunden. Historische Wegkreuze, auch solche jüngeren Datums sind zu finden, sind leicht voneinander zu unterscheiden. Ein Steinsockel, ein aufstrebender Quader, alles verwittert und oben auf immer ein Eisenkreuz. Heiligenbilder wie die Kreuze jüngeren Datums, trugen sie nicht.

Am Mirador de El Santo (209 m) hoch über Vejer de la Frontera.

Am Mirador de El Santo (209 m) hoch über Vejer de la Frontera.

Mirador de El Santo (209 m) – der beste Ausblick auf Vejer de la Frontera.

Mirador de El Santo (209 m) – der beste Ausblick auf Vejer de la Frontera.

Die Sonne brennt am Mirador de El Santo erbarmungslos. Kein Schatten weit und Breit. Also ein paar hundert Meter retour zum Mirador a Trafalgar und zur Molino de Santa Inés. Die Aussicht ist wunderbar und obwohl etwas Müll den Ort verschandelt, ist es schön dort. Ruhe, ausser ein paar Anwohnern die ihre Hunde spazieren führen, ist nie jemand zu sehen. Ölbäume und die Windmühle spenden Schatten. Dort lässt sich gut Siesta halten. Eine Aussicht auf das Kap Trafalgar und den Leuchtturm, ein visto a Trafalgar, gibt es nicht mehr. Der Baumbestand eines Höhenzuges verdeckt ihn mittlerweile. Aber Trafalgar wurde ja bereits am Mirador Memorial a la Vida gesehen und wer die Variante über Barbate für die Rückkehr nach Conil wählt, kann das Kap auch später noch besuchen.

Die Molino de Santa Inés soll die älteste der noch sieben erhaltenen Windmühen von Vejer sein. Sie wird erst Anfang des 18. Jhd. verortet. Die recht verfallene Windmühle auf Privatgrund südlich, die Molino de Márquez, trägt allerdings ein Jahresschild das 1604 angibt. Ob das richtig ist, fraglich. Damit wäre sie aber die älteste der sieben erhaltenen. Jedenfalls wurden Windmühlen an der Costa de la Luz, wie auch auf den Kanaren oder an der Atlantikküste von Kantabrien, sehr spät genutzt. Auf den Kanaren wurde auf Ochsenmühlen gesetzt, in Kantabrien beispielsweise auf sehr effiziente Gezeitenmühlen in den marismas. Das erste Mal werden Windmühlen auf der iberischen Halbinsel in Schriften von 1330 erwähnt. Es handelt sich um solche in Kastilien. Die Hochebene, die La Meseta, ist besonder geeignet dafür. Die ersten verlässlichen Quellen tauchen aber erst einhundert Jahre später in Chroniken des Königs Juan II. auf, in dem es um die Streitigkeit in Bezug auf Bannmühlen in den Ebenen von Llanos de Castilla de Vieja zwischen Burgos und Bilbao geht. Den Windmühlen von Consuegra in der La Mancha, denen Miguel de Cervantes Saavedra in seinem Don Quijote ein ewiges Denkmahl setzte, stammen aus dem Jahre 1605 bis 1615.**) Warum also Windmühlen erst derart spät an den atlantischen Küsten. Die Erklärung ist einfach. Die Materialien jener Zeit waren dauerhaft kaum im Stande, den extremen Böen der atlantischen Winde stand zu halten. Die gesamte Mechanik wurde aus Holz gefertigt. Im Gegensatz zu den Windmühlen aus der La Mancha, präsentieren sich jene in Vejer, klein geduckt, pummelig, nicht hoch aufragend, um die Winde optimal einzufangen. Die Mauern sind ebenso deutlich massiver als jene in der La Mancha. Schön restaurierte historische Windmühlen beispielsweise auf Fuerteventura oder Vejer haben ein kurzes Leben. Binnen kürzester Zeit räumen die Winterstürme Flügel und Triebstange ab, bis hin zu den Dächern, die bei exakter Rekonstruktion natürlich drehbar ausgelegt sein müssen. In Spanien existieren übrigens männliche und weibliche Windmühlen, el molino und la molina. Mit der sprachlichen Perversion des sogenannten Genderns, hat das nichts zu tun. Es beschreibt die technologische Ausführung. Interessierte finden einen Artikel dazu unten.

Die historische Windmühle Molino de Santa Inés am Mirdaor de Trafalgar aus dem 18. Jhd.

Die historische Windmühle Molino de Santa Inés am Mirdaor de Trafalgar aus dem 18. Jhd.

Am Mirdaor de Trafalgar – weite Blicke über die Costa de la Luz.

Am Mirdaor de Trafalgar – weite Blicke über die Costa de la Luz.

Molinos del Viento und das Casco von Vejer de la Frontera.

Für eine Siesta ist es noch etwas zu früh und das Wichtigste, das auf eine spanische Siesta kulturgerecht vorbereitet, ein leichtes bis üppiges almuerzo mit einem tinto, kann nicht aus der leeren Trinkflasche gezaubert werden. Also noch einwenig die Gegend erkunden und hinüber nach Nordosten in den Parque Hazas de Suerte, der mit 186 m etwas tiefer als die Altos de Buenavista liegt. Was auch immer dort so bedeutend war, es bekam den Namen Äcker des Glückes. Jedenfalls wurden dort im der Mitte des 19. Jhd. weitere Windmühlen errichtet: Die Molino de San José (1853), de San Francisco (1863) und de Antonio. Eigentlich ein hübscher Park aber leider auch einwenig vernachlässigt. Wer das allen spanischen Parks zuordnet, der irrt. Parks, die Spaniern wichtig sind, präsentieren sich in einer Sauberkeit und Disziplin, meist streng überwacht von berittener Polizei, wie weder in Österreich, in Deutschland ohnedies nicht mehr, zu finden. Kein Schnipsel Papier, keine Gelage auf den Wiesen, wer sich nicht benimmt fliegt plus Geldstrafe. Wer das bezweifelt, kann Nachschau im Parque Maria Luisa in Sevilla oder Parque García Sanabria in Santa Cruz de Tenerife nehmen, um nur zwei zu nennen. Lesenswerte Artikel zu beiden finden sich unten.

An den Molinos del Viento im Parque Hazas de Suerte von Vejer de la Frontera.

An den Molinos del Viento im Parque Hazas de Suerte von Vejer de la Frontera.

An den Molinos del Viento im Parque Hazas de Suerte von Vejer de la Frontera.

An den Molinos del Viento im Parque Hazas de Suerte von Vejer de la Frontera.

An den Molinos del Viento im Parque Hazas de Suerte von Vejer de la Frontera.

An den Molinos del Viento im Parque Hazas de Suerte von Vejer de la Frontera.

Die Sonne arbeitet sich hinauf zum Zenit. Im Parque Hazas de Suerte ist kein Schatten zu finden. Eigentlich dürfte ein derart schattenloser Ort in Spanien gar nicht parque genannt werden. Es ist Zeit im casco von Vejer Schutz vor der Sonne zu suchen. Zur Mittagszeit und an windigen Tagen wird dem Besucher bewusst, warum die Pueblos blancos derart angelegt wurden. Herrlich kühl ist es in ihnen und windstill obendrein. Immer wieder kleine Plätze, auf denen sich die Bewohner zur Erholung treffen können. In den aus dem Boden gestampften Touristenorten Andalusiens, wird in den Sommermonaten das Leben ohne Klimaanlage zur Tortur. Nicht so in den Pueblos blancos und wenn dann noch dem andalusischen Rhythmus gefolgt wird, beim ersten Licht in der Morgenkühle aus dem Bett, von halb zwei bis halb fünf in die dicken, kühlen Gemäuer, um dann das Leben ab fünf Uhr wieder zu beginnen, wird feststellen: So zu leben ist ein Genuss und sehr erholsam.

Durch enge Gassen von Vejer de la Frontera mit Blick auf die Parroquia Divino Salvador.

Durch enge Gassen von Vejer de la Frontera mit Blick auf die Parroquia Divino Salvador.

Das Stadttor Puerta Cerrada in Vejer de la Frontera.

Das Stadttor Puerta Cerrada in Vejer de la Frontera.

Die Stadtmauer von Vejer de la Frontera.

Die Stadtmauer von Vejer de la Frontera.

Es soll hier nicht auf all die historischen Sehenswürdigkeiten von Vejer eingegangen werden. Dafür gibt es Führer. Es muss auch nicht jeder Ort nach Führer abgearbeitet werden, wie es eifrige Touristen als ihre Pflicht empfinden. Vielleicht einfach einmal nachlässig sein, durch die Gassen schlendern, in die kleinen Geschäfte schauen, um dann am prachtvollen Plaza de España etwas zu essen und trinken. ¡Viva España! zieht es allerdings noch einmal zum einsamen Mirador de Trafalgar und das seit vielen Jahren. Der Ort hoch über Vejer mit weitem Blick und den schattigen Ölbäumen hat etwas besonderes. Warum auch immer, es muss nicht allem auf den Grund gegangen werden und es muss auch nicht jeder diesen Ort als besonders empfinden.

Nette Touristenläden in Vejer de la Frontera.

Nette Touristenläden in Vejer de la Frontera.

Der Plaza de España Vejer de la Frontera.

Der Plaza de España Vejer de la Frontera.

Siesta am Mirador de Trafalgar y vuelto.

Wie in allen Carrefour, wartet die Kette auch in Spanien mit meterlangen Frischetheken auf, die mit überraschend gesundem und schmackhaftem Take-away locken. Knackfrische Salate mit Dressing, Wraps und mehr oder auch sehr besondere Sandwiches. Also kurzer Stop vor dem bösartigen Anstieg zum Mirador de Trafalgar beim „super“, wie Spanier, die gerne alles abkürzen, ihre supermercados nennen. Danach in der Hitze die gemeine Calle los Olivos rauftreten.

Nachmittagshitze – Siesta am ruhigen Mirador de Trafalgar.

Nachmittagshitze – Siesta am ruhigen Mirador de Trafalgar.

Nachmittagshitze – Siesta am ruhigen Mirador de Trafalgar.

Nachmittagshitze – Siesta am ruhigen Mirador de Trafalgar.

An der Molino de Santa Inés und dem mirador wie immer zu Mittag wunderbare Stille. Mittlerweile liegt, obwohl es noch Frühling ist, flirrende Hitze über der Costa de la Luz. Hier oben auf dem Höhenzug ist es kühler. Die Grillen zirpen. Es fühlt, hört und riecht nach Urlaub. Pferde grasen freilaufend um die Molino de Márquez. Das tun sie schon seit Jahren. Es sind jene des Grundeigentümers. Auch wenn es hier oben etwas unaufgeräumt ist, ein Idyll ist es trotzdem. Entspannung kommt auch bei jenen Menschen auf, denen von der Schöpfung die Unrast in ihre Gene gepflanzt wurde. Unter einen der Ölbäume in den Schatten setzen, der Steinboden kühlt angenehm und den kleinen Imbiss geniessen. Die allgegenwärtigen Ameisen lassen sich nicht blicken. Auch sie scheinen Siesta zu halten. Zeit, noch einwenig zu lesen und in die weite Landschaft zu blicken. Gut, dass der Paperwhite trotz seiner 207 Gramm den Weg in den kleinen Rucksack fand. Auch mit dem Minimalismus kann übertrieben werden. Es fehlen noch einige Kapitel von La España vacía: Viaje por un país que nunca fue von Sergio del Molino.***) All jene, die das moderne Spanien verstehen wollen, wie der in der Franco Diktatur ausgelöste Prozess vom Agrar- zum Industriestaat Spanien kulturell veränderte, nicht nur zu Wohlstand sondern auch zu Verelendung führte, sollten es lesen. Es könnte auch an den herrlichen Ständen gelegen werden, könnte, aber das ist dann doch recht schnell langweilig. Hier ist es gerade jetzt schöner. Jetzt. Ein anderes mal am playa, ganz sicher.

Caballos am Mirador de Trafalgar.

Caballos am Mirador de Trafalgar.

Nachmittagshitze – Siesta am ruhigen Mirador de Trafalgar.

Nachmittagshitze – Siesta am ruhigen Mirador de Trafalgar.

Noch einwenig im Schatten dösen, so wie es einst und heute noch die spanischen Feldarbeiter pflegen. Früher legten sie sich in den Schatten ihrer Esel. Auf Teneriffa wird diese Zeit des Tages daher „panza de burro“, der Bauch des Esels, genannt. Den späten Vormittag verbummelt, die Mittagszeit am Mirador de Trafalgar genossen, Aufbruch. Heute ist es zu spät und heiss, über die Variante Barbate und Trafalgar nach Conil zurück zu kehren. Die Nachmittagshitze liegt über der Küste ohne von einem Windzug daran gehindert zu werden. Das heisst für den Rückweg kein Gegenwind aber ausgiebig Hitze. Ein letzter Blick über die Landschaft. Wer weiss, wann und ob das Leben einen wieder an diesen besonderen Ort führen wird.

Hochtreten zum Mirador Memorial a la Vida und dann eine sehr rasante Abfahrt hinunter in die Ebenen. Kurz vor der Fuente de Juan Cubierta in die Bremsen und an die gefährlichen Asphalt Schäden in Längsrichtung denken, die einen Biker übel zu Sturz bringen könnten. Durch den Parque La Breña y Marismas del Barbate, entlang der Küste und dann im Nachmittagslicht retour am Cruz de Moreno in Conil de la Frontera. Auf die Stufen des Wegkreuzes setzen und einwenig Einkehr halten. Ein guter Tag und Ort darüber nachzudenken, wohin die Reise des Lebens gehen soll.

Vuelto – zurück am Cruz de Moreno in Conil de la Frontera.

Vuelto – zurück am Cruz de Moreno in Conil de la Frontera.

POIs und deren Koordinaten.

  • Cruz de Moreno: N36.28293° | W6.08300° | 69 m
  • Ermita de San Ambrosio: N36.21474° | W6.00261° | 45 m
  • Fuente de Juan Cubierta: N36.22982° | W5.97971° | 123 m
  • Mirador Memorial a la Vida: N36.23621° | W5.97513° | 189 m
  • Cerro de Buenavista: N36.23936° | W5.97583° | 209 m
  • Wasserspender Vejer: N36.24811° | W5.97262° | 207 m
  • Molino de Harinero de Morillo: N36.24947° | W5.97247° | 216 m
  • Molino de Márquez: N36.25147° | W5.97177° | 215 m
  • Vértice Geodésico Altos de Buenavista Vejer: N36.25294° | W5.97135° 2| 219 m
  • Molino de Santa Inés (18. Jhd.): N36.25326° | W5.97116° | 206 m
  • Mirador a Trafalgar: N36.25344° | W5.97124° | 206 m
  • Mirador de El Santo: N36.25437° | W5.97062° | 209 m
  • Molino de la Cruz de Conil: N36.25665° | W5.96844° | 172 m
  • Molino San José (1853): N36.24660° | W5.96594° | 177 m

Biketour von Conil nach Vejer – alle POI samt GPS Daten.

Literatur.

*) Bossong, Georg: Das Maurische Spanien: Geschichte und Kultur. C.H.Beck; 4., durchgesehene Edition; 2020.

**) Notebaart, Jannis C.: Windmühlen: Der Stand der Forschung über das Vorkommen und den Ursprung. o.O. 1972. S. 194ff.

***) Molino, Sergio del: La España vacía: Viaje por un país que nunca fue. Turner; agosto 2020.

Weiter lesen.

Das Kulturdenkmal Ermita de San Ambrosio – ein vergessener Ort.

Cabo de Trafalgar – Horizont und Leuchtturm.

Runners delight – andalusischer Küsten Trail, brutal schön.

Über den Dächern von Conil – Coworking an der Costa de la Luz.

Almadraba – Roter Thun aus Conil de la Frontera.

Jamón Ibérico de Bellota – das beste Schweinefleisch der Welt!

5 phantastische Badebuchten am Cabo Roche Conil de la Frontera.

Paseo por el Parque de María Luisa en Sevilla.

El Molino und La Molina – die männlichen und weiblichen Mühlen Fuerteventuras.

You Might Also Like...