Die Sonne steht tief, der Himmel blitz blau, Gewitterzellen ziehen nach Süden.
Winter in Andalusien. An der Costa de la Luz pendelt das Thermometer um die 20 Grad, nachts fällt es auf rund 10. Das ist auszuhalten. Meist blitzt ein stahlblauer, kristallklarer Himmel. Am Strand spazieren gehen, in der Sonne liegen, auch ein Bad im Atlantik ist möglich. Dann ziehen wieder heftige atlantische Gewitterzellen von Nord nach Süd die Küste entlang. Sintflutartige Regenschauer brechen über der Küste nieder. Sturm treibt die Zellen so rasant nach Süden, dass sie wie in einem Zeitraffer zu beobachten sind. Dann macht die Costa de la Luz ihrem Namen alle Ehre. Die Lichtstimmungen werden atemberaubend, vor allem nachmittags. Erinnerungen an Schottland kommen in den Sinn.
Im Winter halten die grossen Hotels an der Küste bis in den März hinein geschlossen, auch die touristischen Lokale und Shops. Off-season, alles ist auf ein normales Mass reduziert. Einheimische und spanische Touristen verkehren in den cantinas, wenige „extranjeros“ mischen sich unter sie. Für Liebhaber der spanischen Lebensweise sollte das ein besondere Anreiz sein, sich im Winter aufzumachen, an die Küste des Lichtes.
Für Sportler ist die Costa de la Luz im Winter immer ein guter Tipp. Wellenreiter suchen die „big waves“, die der stürmische Atlantik an einigen Tagen anrollen lässt. Kite- und Windsurfer warten auf winterliche Starkwinde. Alles nichts für Anfänger. Ausdauersportler treffen auf ein perfektes Klima. Touren am Rennrad, endlose Trailruns entlang Klippen oder durch das Marschland, sind ein Paradies, um am Track Kilometer zu machen. Kurze Hose und T-Shirt reichen, kein klirrender Morgenfrost und steife Beine.
Die Calas de Roche liegen verlassen in den Klippen.
Der Playa de los Bateles, der Stadtstrand von Conil, liegt weit und verlassen. Einige Spaziergänger, Unerschrockene im Wasser, ein Paraglider justiert seinen Kite. Etwas nördlich, an den Klippen des Punta de los Roques, starten sie und schrauben sich in der Thermik in die Höhe. Lautlos und eindrucksvoll. Ansonsten ist es ruhig. Selbst die beliebte Chiringuito Fuguilla Beach ist verschwunden, denn die muss wie jene am Cabo Trafalgar, nach der Saison abgebaut werden. Nichts deutet darauf hin, dass im August der Strand trotz seiner Grösse brechend voll werden wird.
Weiter nach Norden beginnen die Buchten, die ersten noch gross und mächtig. Sie wurden von Wasserläufen, barrancos, in die Klippen gefräst. Über diese sind die calas leicht zu erreichen. Die Namen der Strände weisen darauf hin: Playa de la Fontanilla, Playa Fuente de Gallo. Die letzte und kleinere vor Puerto de Conil, die Cala de Aceite, ist im Sommer an Passatwindtagen sehr beliebt, denn die kleine Bucht mit den steilen Klippen bietet neben einem idealen Windschutz eine beliebte chiringuito.
Nördlich des Hafens von Conil, liegen die Calas de Roche, idyllische Buchten, die vom Atlantik in die Klippen geschlagen wurden. Sie wären von Land, ohne riskantes Klettern an den brüchigen Klippen, nicht zu erreichen. Um sie zu erschliessen, wurden fotogene Treppen angelegt. Im Winter wird in ihnen, ausser an Wochenenden, kaum eine Menschenseele angetroffen. Auch im Sommer sind sie erstaunlich einsam. Meist einheimische Angler und wenige Ruhesuchende, finden sich ein. In der Cala Camacho in der Sonne sitzen, die Wintersonne geniessen, aufs Meer Blicken, den Kopf sortieren, entspannen, nachdenken. Wer hier auf sein Smartphone glotzt, verpasst noch mehr seines realen Lebens.
An den Klippen mächtige Brocken, Abbrüche der Klippen. Überreste eines subtropischen Meeres, Sedimente, Austern in einem sandig-schlammigen Gemisch, Rotalgen und der von diesen abgesonderte Kalk. Überreste aus Zeiten, als es in diesen Regionen noch wärmer war.*) Ein ordentlicher Abstand zu den Klippen ist beim Sonnenbaden ratsam. Die Kolosse wurden nicht als touristische Dekoration herangeschafft, sondern fallen, meist nach Starkregen durch Unterspülungen oder heftigen Wellengang, auf den Strand und das nicht nur alle paar hundert Jahre. Wer die Calas über Jahre kennen lernt, entdeckt immer wieder neue Abbrüche. Der Strandabschnitt Playa del Gallo nördlich des Punta de los Roques gilt als Sperrzone. Das wird nicht weiter beachtet.
Playa de la Barroso – Freiheit auf feinem Sand bis zum Horizont.
Wird die Costa de la Luz mit Hingabe bereist, entsteht der Eindruck, ein langer atlantischer Sandstrand zieht sich von Faro und der portugiesischen Grenze im Norden, bis hinunter in den Süden zur britischen, Gibraltar. So ganz täuscht der Eindruck nicht. Nur gelegentlich werden die sandigen Küstenlinien von Marschland, Salzwiesen, wie beispielsweise am Punta Umbria, unterbrochen. Richtung Süden werden sie von kleinen Kaps und Klippen abgelöst. Die Bucht von Cádiz ist so seicht und sandig, dass die grossen Atlantikschiffe schon weit draussen vor dem Punta de San Felipe von einem Lotsen durch das tückische Gewässer in den Hafen manövriert werden müssen. Die Sandbänke verlagern sich laufend.
Chiclana de la Frontera schliesst südlich an Cádiz an. An der Küste breitet sich ein neun Kilometer langer flacher Sandstrand, dahinter Dünen, der Playa de la Barroso, Richtung Süden aus. Er reicht bis an die touristisch beliebte Cala Roche im Süden, die zu Conil de la Frontera gehört. Der historisch bedeutende Wachturm Torre del Puerco am Playa de la Barroso, markiert seit dem 16. Jhd. die Gemeindegrenze von Chiclana und Conil. “Puerco” bedeutet Schwein, Sau, Eber und auch Schlampe oder Schweinehund. Woher der eigenartige Name stammt, ist nicht herauszufinden. Eine Bedeutung kann sich also jeder aussuchen. Am Torre del Puerco ist auch der beste Ort, um mit einer Stranderkundung zu beginnen, für einen ausgedehnten Spaziergang oder ganz ideal auch für einen winterlichen Strandlauf. Das sollte bei Ebbe in Angriff genommen werden. Dann ist ein breiter Sandstreifen des sehr flachen Strandes vom zurückweichenden Wasser zu einem kompakten und idealen Trail komprimiert. Auch mit dem Mountainbike lässt sich dann gut der Strand erkunden.
Vom Torre del Puerco geht es hinauf nach Norden, Sancti-Petri. Kaum zeigt sich einwenig die Sonne, wird es besonders für Runner schweisstreibend. Warm und feucht ist es, das Shirt bald durchgeschwitzt, das fühlt sich eigenartig an, im Dezember. Der Strand wirkt endlos, irgendwo dort weit weg in der Ferne dürfte er enden. Ein Schritt folgt dem anderen, das Ziel scheint nicht näher zu kommen, passt die Kondition, wird es meditativ. Alles ist im Fluss, Belastendes verliert sich in der Weite, Glücksgefühle übernehmen die Stimmung, euphorisch im Leben.
Dann taucht eine kleine Insel im Atlantik auf, das Castillo de Sancti-Petri. Wer das gut ausmachen kann weiss, er hat es nicht mehr weit bis zum Strandende. Noch drei Kilometer. Jene, die auch wieder zurück wollen, haben zwölf sandige Kilometer in den Beinen und die können, je nach Situation des Sandes, happig werden. Keine gemütlichen Strassenkilometer. Sportler, die sich am Torre erholen wollen, findet das „El Cuartel del Mar“ und „Coconova“. Für beide sollte die Adjustierung adaptiert werden.
El Palmar como siempre – cool und busy, Wind und Wellen locken.
El Palmar bei Conil de la Frontera ist Tarifa light. Fest in der Hand der Surfer, aber weder die Wellen so hoch noch der Wind so brutal. Tarifa liegt gut 50 Km weiter südlich. Gegenüber, durch wenige Kilometer Wasser getrennt, erheben sich die Höhenzüge Marokkos. Schiffe steuern auf das Nadelöhr Gibraltar zu. Sehenswert, vor allem bei Sonnenaufgang.
In Tarifa sind die Freaks zu Hause, die ihr Leben radikal dem Surfen verschrieben haben, dort auch im Van überwintern. In El Palmar geht es mehr um den konstruierten Lifestyle, eben lässig zu sein. Teilzeit Surfer, die ansonsten ein übliches Leben führen und gelegentlich ihre Aufgabe als Systemerhalter an den Nagel hängen, das Studium hintanstellen.
Und so sieht dann auch das Beachlife in El Palmar aus. Entlang der holprigen, schmalen Asphaltstrasse am Strand, reihen sich Bars und Surfshops aneinander. Parkplätze gibt es fast keine. Davor ein wunderbarer langer Sandstrand, der sich bis zum Cabo Trafalgar erstreckt.
Am Playa del Palmar ein wenig spektakulärer Break auf einer Sandbank. Meist Weisswasser, das wars, zum drüber Rutschen reicht es, harmlos, kein scharfes Riff. Entsprechend viele Surfschulen liegen am Strand. Im Wasser ist wenig los, in den Bars umso mehr. Kein Surf Eldorado aber eine erste Adresse, um cool bei sonnigem Wetter und vor allem bei Sonnenuntergang, in den vielen Bars abzuhängen. Wird an den Breaks Tarifas um den Platz im Line-up gekämpft, geht es in El Palmar um die besten Plätze am Sundeck. Die Stimmung ist gut und entspannt. Um Weihnachten dreht sich hier nichts. Kein Weihnachtslied dröhnt, kein amerikanischer Santa Claus mit Schlitten blinkt kitschig an den Fassaden. Ein idealer Ort, um Weihnachten zu entfliehen und das Leben zu geniessen.
Conil de la Frontera schmückt sich weihnachtlich.
Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen überrascht Conil de la Frontera den Besucher: Weihnachtlich geschmückt leuchtet es festlich, nicht aufdringlich. Das wurde mit Gespür gemacht. Eigentlich ist der grosse Tag zu Weihnachten in Spanien der Dreikönigs Tag. Der Weihnachtsabend wird traditionell mit einem fulminanten Familienessen in grösstem Kreis begangen. Geschenkt wird nichts. Das hat sich alles etwas gewandelt, nahm seinen Ursprung in den Grossstädten. Ketten wie Corte Inglés werben wie in Mitteleuropa um Weihnachten, ein gutes Geschäft. Das Schenken zu Weihnachten, auch unter Erwachsnen, wird immer beliebter.
Conil wird historisch gesehen über die Puerta de la Villa betreten. Davor liegt der Plaza Puerta de la Villa. Der Besucher wird von einer Lichterkette empfangen, die den Platz überspannt und in der blauen Stunde ein wunderbares Ambiente erzeugt.
Durch das Stadttor wird der wirtschaftlich bedeutendste Platz von Conil betreten. Der hat natürlich Plaza de España zu heissen. Das ist von Sevilla bis Las Palmas meist der Fall. Dort wurden früher die Märkte abgehalten. Besteht ein historischer Kern, sind oft Arkaden für die Markstände erhalten. Heute ist der Platz der Ort der teureren Restaurants, windgeschützt und gemütlich ist er. An den Weihnachtstagen ist es der Treffpunkt. Spanier unter sich, es wirkt wie ein grosses Familienfest mit vielen Kindern, belebt aber nicht voll.
In den Seitengassen halten wenige Geschäfte offen, die Szenerie wirkt heimelig. Im Sommer drängen sich hier die Touristen. So ist das richtig schön, für den Besucher, die Geschäftsleute weniger.
Warten auf die Los Reyes Magos.
Zu den Heiligen Drei Königen, den Los Reyes Magos, ist der grosse Tag der Kinder. Dann bekommen sie und nur sie, folgerichtig laut den christlich literarischen Aufzeichnungen, ihre Geschenke. Der Tag wird in vielen Orten mit einem Umzug der Könige, hoch zu Kamel und Maultier, begangen, samt Gefolgschaft. Süssigkeiten werden den Kindern zugeworfen, die die Parade säumen. Dann geht es nach Hause, Geschenke, ein üppiges Abendessen in der Grossfamilie steht am Plan. So ist das jedenfalls in traditionellen spanischen Städten.
Der Plaza de Santa Catalina ist ganz den Kindern gewidmet. Übersichtlich aber alles was es braucht. Auf einer Bühne hinter dem Torre Guzmán werden kleine Theaterstücke für Kinder aufgeführt, am Platz selbst fährt eine Weihnachtsbahn samt allem, was zu Weihnachten gehört im Kreis, ein Kiosk mit viel Süssigkeiten, auch das darf nicht fehlen.
Genuss zu Weihnachten – das muss sein.
Weihnachten findet in Spanien sehr unaufgeregt statt, wie so vieles. Abseits der touristischen Hot Spots und Grossstädten wie Alicante oder Barcelona, ist es bis auf den Dreikönigstag, keine öffentlich breit getretene fiesta. Es ist ein Fest, an dem die Familie zusammen kommt, der Kinder und natürlich der Genüsse. Das ist in Spanien besonders wichtig.
Der speziell angesetzte Licor de nueces de San Juan wird getrunken (s.u.), dazu Turrón gegessen (s.u.) und bei gutem Tempranillo am besten Pata Negra gegessen (s.u.). Ganze Schweinshaxen aller Reifegrade und Regionen werden auf meterlangen Gestellen, vor allem bei Carrefour oder Corte Inglés, zu Weihnachten angeboten. Sie werden im Ganzen für das Familienessen gekauft. Auf Inlandsflügen vor Weihnachten aus besonderen Regionen wie der Extremadura, verlädt gerne einmal ein Fluggast einen ganzen Haxen im Handgepäck Fach. Selbst am Airport von Sevilla werden sie zu Weihnachten im Abflugbereich angeboten. Ein geschulterter Schweinshaxen beim Boarding, das geht, Spanien ist anders, ¡Viva España!
Weiter lesen.
Excursión Conil de la Frontera – an der Grenze zu den Mauren.
Cabo de Trafalgar – Horizont und Leuchtturm.
Temprano por la mañana – frühmorgens am Punta Umbría.
Turrón – spanische Delikatesse. Sündig süß, sündig gut.
Weihnachtsgeschenke – Spanische Liköre selber ansetzen.
Jamón Ibérico de Bellota – das beste Schweinefleisch der Welt!
Ganz schön spanisch – Rum und Honig Rum.
Anmerkungen.
*) Dr. Josef Nievoll, Geologe.