Von Cádiz auf die Kanaren und zurück.
Vor drei Jahren widmete ¡Viva España! der Seepassage von Andalusien auf die Kanaren einen Artikel: „Ritt über den Atlantik – von Cádiz auf die Kanarischen Inseln.“ Und nach drei Jahren wird dieser Artikel immer noch Woche für Woche gelesen. Also beschloss der Herausgeber die Seereise, die er schon unzählige Male aus Ambition erlitten und genossen hat, erneut anzutreten und zu berichten, was sich in den drei Jahren auf dem Schiff getan hat.
Im Netz wird die Passage auf der Trasmediterránea brutal verrissen. Entspricht das den Tatsachen oder verwechseln vielleicht seeunerfahrene Passagiere eine Fährreise mit einer Kreuzfahrt? Könnte sein, denn eine Autofähre ist wie Flixbus am Wasser. Bewusst werden in diesem Artikel die Kritikpunkte, die immer wieder auftauchen, herausgezogen und beleuchtet. So objektiv wie möglich wird berichtet, wenn auch mit einigen Spitzen. Es liegt beim Leser zu bewerten und sich selber in Kombination mit anderen Quellen seine eigene Meinung zu bilden.
Das Monopol ist gebrochen: Fred.Olsen oder Trasmediterránea.
Wer mit der Autofähre auf die Kanaren reisen möchte, war bis vor gar nicht so langer Zeit einem Monopolisten ausgeliefert: Trasmediterránea. Monopolisten haben es so an sich, dass sie ihr Geschäft mit minimalsten Kosten betreiben wollen und versuchen Preise in unerträgliche Höhe zu schrauben. Potentielle Kunden haben die Wahl: „Take it or leave it!“. Fred.Olsen tritt nun wie immer mit einem top modernen Schiff als Alternative an. Trasmediterránea wird sich wohl langsam Gedanken machen müssen. Wettbewerb ist eine gute Sache. Monopole machen fett, faul und arrogant.
Mit der Fährgesellschaft Fred.Olsen geht es ab Huelva nach Gran Canaria, Las Palmas oder Teneriffa, Santa Cruz de Tenerife. Huelva jener Ort unweit Cadíz, von dem Columbus zu seiner ersten Seereise Richtung neue Welt aufbrach. Welche Variante gewählt wird hängt auch davon ab, ob es danach auf eine andere Insel weiter gehen soll. Reisende, deren finales Ziel beispielsweise El Hierro, La Gomera oder La Palma ist, reisen nach Teneriffa. Jene, die nach Fuerteventura oder Lanzarote wollen, steuern Gran Canaria an. Fred.Olsen seit der Gründung ein hoch innovatives Unternehmen und so wird mit dem neuen top modernen„Smart Ship Mari Curie“ übergesetzt. Das ist ein klares Signal in Richtung Trasmediterránea, das anscheinend noch nicht angekommen ist.
Alternativ wird mit Trasmediterránea auf der „Ciudad de Cádiz“ ab Cádiz in See gestochen. Bisher wurde lediglich Arrecife auf Lanzarote angesteuert. Das war mühsam für jene, die nach Fuerteventura wollten. Gegen ein Uhr nachts WEZ lief das Schiff in Arrecife ein. Dann hiess es nach Playa Blanca weiter fahren und auf die erste Fähre gegen acht Uhr nach Fuerteventura zu warten. War die Überfahrt auf Grund des Wetters eine Strapaze, keine tolle Sache. Da sehnt sich der Reisende nach einem Bett. Also Hotel buchen, nicht ganz so billig, denn wer gegen zwei Uhr früh einchecken will, muss schon ein Hotel der höheren Kategorie buchen. In die andere Richtung nach Cádiz war es auch nicht viel besser. Auslaufen gegen ein Uhr Nacht WEZ. Also mit der letzten Fähre von Fuerteventura je nach Jahreszeit um 17 oder 18 Uhr WEZ übersetzen und dann Zeit tot schlagen, bis es an Bord geht. Das hat sich nun deutlich verbessert. Die Linienführung ist nun Cádiz – Arrecife – Puerto del Rosario. Ein grosser Komfortgewinn. Ein Schachzug kaum zu Liebe der Kunden, mehr aus der Not heraus, der nur temporär wirken wird. Ab Morro Jable Fuerteventura könnte in 120 Minuten mit Fred.Olsen mehrmals pro Tag nach Las Palmas Gran, Canaria übergesetzt werden, um dann die moderne „Mari Curie“ mit einem günstigen Kombiticket zu besteigen. Es würde für Fuerteventura Reisende kaum noch Sinn machen, sich nach Arrecife zu quälen, um einen alten Dampfer zu besteigen.
Zu meinen, diese neue Konkurrenzsituation hätte die Preise talwärts geschickt, ist eine falsche Hoffnung. Das Trasmediterránea Ticket ist etwas teuer, hat aber Verpflegung inkludiert, was nicht unbedingt ein Plus ist (siehe später). Jenes der Linie Fred.Olsen ist preiswerter, dafür ohne Verpflegung. Aber die ist bei Fred.Olsen meist sehr gut, da zahlt der Gast gerne.
Die neue Route: Puerto del Rosario – Arrecife – Cádiz.
Die Ciudad de Cádiz pendelt zwischen Cádiz und den Kanaren in einem permanenten hin und her. Das ist kein Honiglecken für die Crew. Alles muss rasant gehen, die Hafenzeiten sind extrem kurz. Die einen gehen von Bord, die nächsten kommen schon. Die Kabinen müssen in Windeseile für die nächsten Passagiere fertig sein und mehr.
Wenn die Trasmediterránea jeden Samstag gegen halb zehn Uhr nachts WEZ in den Hafen von Puerto del Rosario einläuft, ist sie an ihrem Wendepunkt angekommen. Nun geht es wieder zurück zur iberischen Halbinsel. Der „Anfänger“ kommt oft schon vor acht Uhr zur Mole und wird gegen neun Uhr nervös, ob er wohl am richtigen Pier sei. Es kann sich nicht recht vorgestellt werden, mit welcher Geschwindigkeit alles ablaufen wird. Routinies kreuzen erst um halb zehn auf. Das reicht. Ein Hafenmitarbeiter schlendert durch die Reihen, zieht den Pass durch das Lesegerät und vergleicht das Autokennzeichen. Das wars auch schon. Keine Zettel oder so. Die Guardia Civil interessiert sich schon seit längerer Zeit nicht mehr wirklich für die Fähren. Wurde früher noch bei der Ankunft kontrolliert, ist das nun vorbei. In Cádiz sieht das nach wie vor anders aus: Strenge Grenzkontrollen.
Das Anlagemanöver der Cuidad de Cádiz ist interessant. Unspektakulär taucht sie plötzlich im Licht der Hafeneinfahrt auf, stoppt, dreht mit den Bugstrahlrudern am Stand und läuft rückwärts ein. Römisch-katholisch nennen das Seeleute. Eigentlich müsste sie nach guter Seemannschaft, um ihr Einlaufen anzukündigen, einen langen Signalton (3 bis 6 Sekunden) abgeben. Doch darauf wird verzichtet, um die Bewohner der Inselhauptstadt nicht aus dem Bett zu werfen. Auch beim Auslaufen, dreimal lang wäre fällig, wird auf das Signal verzichtet.
Ist die Heckklappe abgesenkt, geht alles rasant und jeder sollte tunlichst bei seinem Auto bleiben, um nicht überfahren zu werden. Eine Security wacht darüber. Erst werden von der Crew im Rennstil Autos vom Schiff gefahren und am Pier abgestellt, die auf der Fähre überstellt wurden. Danach rollen die LKW vom Schiff, gefolgt von Vans und PKWs. Nun kommen die Terminalzugmaschinen zum Einsatz. Spätestens jetzt sollte niemand mehr am Pier herumspazieren. Wie emsige Ameisen stürmen sie den Bauch des Schiffes und löschen die verladenen Container in Rekordtempo. Dann geht alles in umgekehrter Reihenfolge los.
Der PKW Fahrer ist als letztes dran: Rein, rauf, parken, die Crew treibt an. Was mit in die Kabine soll, sollte schon fertig hergerichtet und griffbereit liegen, denn bei den Einparkmanövern ist nichts mehr mit herumstehen und zusammenpacken. Ist das Auto geparkt heisst es weg vom Deck und das wird in der Folge nur noch zu definierten Zeiten geöffnet. Auch an der Rezeption geht alles flott. Ticket zeigen, die Keycard ist schon hergerichtet, Kabine suchen, Gepäck abstellen und dann flott auf das Hubschrauberdeck, um das Auslaufen zu geniessen, denn das steht kurz bevor. Punkt 22:00 Uhr WEZ läuft die Fähre in die Nacht aus. In nur 30 Minuten wurde das Schiff gelöscht und beladen. Noch einmal tief durch atmen, den Hafengeruch inhalieren, Blicke auf den schönen neuen Stadtstrand von Puerto del Rosario werfen und die Gedanken treiben lassen.
Es geht die Ostküste von Fuerteventura hinauf, Arrecife liegt schnurgerade an, die Isla de Lobos und die Meerenge El Río und La Bocaina werden links liegen gelassen. Sonntag früh einlaufen in Arrecife um 1:00 WEZ. Auch dort keine Signale, um die Bewohner nicht aus dem Schlaf zu reissen. Emsiges Treiben am Pier und 30 Minuten später dann hinaus auf den Atlantik Richtung Westküste Afrika. Bis Montag Mittag kein Land mehr in Sicht. Die Route folgt der klassischen alten Seeroute, die schon Columbus (1492), Alexander von Humboldt (1799), die Pharao Necao II (um 600 v.Chr.) oder der Phönizier Hanno der Seefahren (um 450 v.Chr.) navigierten. Mangels moderner Navigationstechnik, hielten sich die Kapitäne der damaligen Zeit an der Küstenlinie.
Ein schnurgerader Kurs Richtung Cádiz liegt an. Kein einziges Manöver wird gefahren. Erst entlang der Westsahara, am Sonntag gegen 16:30 WEZ liegt gedacht Marakesh querab, gegen Mitternacht Casablanca, Montag um neun Uhr Früh WEZ Tangier und dann die Meerenge von Gibraltar. Dann geht es schon in den Golf von Cádiz. Wird die Seestrasse gekreuzt, die durch die Meerenge von Gibraltar führt, sollte der Passagier an Deck sein. Frachtschiffe, Tanker und andere grosse Schiffe aufgefädelt wie auf einer Kette und die Ciudad de Cádiz läuft da mitten durch. Wer ein GPS dabei hat wird merken, dass die Kapitänin laufend die Geschwindigkeit anpasst, damit der Kurs ohne Kollisionsgefahr gehalten werden kann. Danach geht es durch den ruhigen Golf von Cádiz zum Ziel.
Die „Ciudad de Cádiz“: Eine alte Bekannte.
Wird die Seepassage auf der Website der Trasmediterránea gebucht, präsentiert sich eine Fähre ziemlich weit von unten aus gesehen in schmuckem, frischem und makellosen Weiss. Kein Luftbild wie bei anderen Fähren, dass sie entlarven könnte. Dann viele Stockbilder, einwenig Innenleben, ein a la Carte Restaurant wird mit einem Foto ausgelobt, das nur ein Symbolbild ist. Also so richtig weiss der Websurfer dann nicht, was es mit der „Ciudad de Cádiz“ auf sich hat. Es wirkt irgendwie so, als wenn auf der Route von Cádiz auf die Kanaren die alte „Albayzín“ nun endlich von einem moderneren Schiff abgelöst wurde. Der Albayzín Veteran freut sich auf eine Überfahrt in neuem Luxus.
Das Ticket kann seit Neuestem auch in einem frisch angemieteten Trasmediterráne Office in Puerto del Rosario (s.u.) gebucht werden. Das Büro hat den Charme einer Filmkulisse aus den späten 1960iger Jahren samt historischem Computer. Der Kunde verwundert, dass dieses Gerät tatsächlich in der Lage ist, Kontakt mit dem Internet aufzunehmen, um den Buchungsstand abzufragen. Der überaus hilfsbereite und freundliche ältere Herr, mit unendlicher Zeit ausgestattet, erklärt den Prozess, wie es dem Kunden am kommenden Samstag gelingen wird, mit dem Auto auf die Fähre zu gelangen, detail- und bildreich. Eine Hafenkarte wird zur Unterstützung herangezogen, damit der Passagier auch tatsächlich die einzige Fährmole, mit dem einzigen zu erwartenden Fährschiff an diesem Abend, in der 30.000 Einwohner zählenden Metropole, finden wird. Auf die Frage, ob die Ciudad de Cádiz tatsächlich Service wie ein luxuriöses a la Carte Restaurant bieten würde, wird bedeutungsschwer „mas lujo“, sehr luxuriöser, geantwortet.
Am Samstag 21:30 MEZ folgt die Ernüchterung! Die Ciudad de Cádiz setzt zum Hafenmanöver an, um römisch-katholisch anzulegen, also ihr wahres Gesicht in Form ihrer Breitseite zeigen muss: Die „Ciudad de Cádiz“ ist die alte „Albayzín“ in Weiss angepinselt. Die Albayzín ist mittlerweile eine alte Schabracke und wurde 2004 in Dienst gestellt. Benannt wurde sie nach dem schönsten Stadtviertel Granadas „Albaicín“ (alte Schreibweise). Sie neigt schon bei leichtem Seegang zu massivem Rollen und Stampfen, ein Horror selbst für die härtesten Mägen. Betrieben wird sie von Trasmediterránea, ein Unternehmen aus Madrid, das seit 2018 im Mehrheitseigentum des Fährunternehmens Navierra Armas aus Las Palmas de Gran Canaria steht. Navierra Armas glänzt auch gerade nicht durch moderne Schiffe und bekommt seitdem Fred.Olsen massiv auf den Kanaren aktiv ist, mächtig Druck seine alte und langsame Flotte zu erneuern. Navierra Armas legte in der Vergangenheit auch schon haarsträubende Schiffsunglücke hin (s.u.).
Die Albayzín wartet mit folgenden Daten auf: 186,4 m Länge über alles, Tiefgang 6,6 Meter, 949 Passagiere finden auf ihr Platz, 190 Fahrzeuge, 22 Knoten läuft sie und wird von stattlichen 30.000 PS angetrieben. Die angegebenen 22 Knoten, um die 40 Km/h, läuft die Albayzín mit Leichtigkeit und solide, wie das GPS verrät. Geht es in ein Wellental hinunter, sind 50 Km/h Spitze am Tacho. Geht es wieder aus dem Wellental hinaus, durchläuft ein Zittern den Rumpf. 30.000 PS wirken auf die Schrauben, die das Stahlungetüm zum Wellenkamm hinauf schieben müssen. Die Ciudad de Cádiz ist eben kein komfortables Kreuzfahrtschiff.
Was ist neu an der „Ciudad de Cádiz“?
Nichts. Das ist schnell beantwortet. Gut, das viele Grün, in dem sich die Albayzín präsentierte, ist Weiss gewichen. Das wars auch schon.
Organisatorisch hat sich einwenig etwas getan:
- Der Check-in für jene, die eine Kabine gebucht haben, läuft wie eh und je flott und effizient ab. Jedoch wird der Passagier nicht mehr von einem flinken Crewmitglied zur Kabine geleitet. Nun heisst es selber suchen. Das sollte jeder schaffen. Die Beschilderung ist gut und logisch.
- In den Aussenkabinen wird der Gast nun mit Handtüchern empfangen, die kunstvoll zu Schwänen betoniert wurden. Wer es mag. Ein Begrüssungsschreiben liegt auf dem Bett und zwei Flaschen Wasser und Hygienesets liegen bereit.
- Die Mahlzeiten sind bei Transmetirránea im Kabinenpreis inkludiert. Beim Check-in werden nun eine Reihe Coupons ausgegeben. Es limitiert, was alles konsumiert werden darf. Bisher konnte kräftiger zugegriffen werden, so keine grösseren Ansprüche in Punkto Ernährung gestellt wurden.
- Eine grosse Änderung wurde in Bezug auf Hunde durchgeführt. Sie dürfen nicht mehr in den Passagierbereich, später im Detail.
- Auch die Bewegungsfreiheit der Passagiere wurde sinnvoller Weise eingeschränkt. Konnte sich jeder bei Wind und Wetter nach Lust und Laune beispielsweise am PKW Oberdeck herumtreiben, sind die Türen dorthin nun versperrt.
- Ebenfalls neu, zwei Personen sind im Barbereich unterwegs, die ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Animation“ tragen. Was manch einer für einen lustigen Gag eines Passagiers hält, ist Realität. Die beiden motivieren an allerlei Brettspielen u.ä. teilzunehmen. Einigen spanischen Reisenden gefällt das, die mit vollem Elan dabei sind. Auch eine Diskobeleuchtung und Tonanlage fand sich, die freundlicher Weise nicht zum Einsatz kam.
- Kinder haben ein Spielzimmer wie eh und je. Neu, dort waltet auch eine Kinderbetreuerin oder -betreuer und tobt begeistert mit den Kleinen herum. Spanien eben.
- Schloss die Bar bisher um Punkt 0:00 Uhr, ist sie nun bis 2:30 geöffnet. Die Barkeeper sind dieselben geblieben. Ein harter Job bei seltenem Trinkgeld. Der harte Dienst am Schiff hat sie milder gemacht. Wurde bisher jeder Gast der meinte, die Füsse mal hochlegen zu können oder gar mangels Kabine sich auf einer Bank flach zu legen, in der Sekunde zusammengestaucht, scheint dass dem Barpersonal mittlerweile zu anstrengend geworden sein. Nordafrikanischen Passagieren gefällt das.
- In der Ciudad de Cádiz kann gegen rund 12 Euro Aufpreis auf die Buffet Coupons im Bedienrestaurant Platz genommen werden. Aus einer übersichtlichen Karte kann Vor-, Haupt- und Nachspeise gewählt werden. Flaschenwein gegen Aufpreis.
- Das Internet ist nun nicht mehr gratis. Es müssen Bons erworben werden. Bei der Aussenkabine ist ein solcher inkludiert. Einen Coupon zu kaufen, kann sich der Passagier sparen. Die Upload Geschwindigkeit bewegt sich so zwischen 0 und 0,2 MBit, der Download so im 1 MBit Bereich. Besser am Deck die Seereise geniessen.
- Und tatsächlich gibt es nun eine Sicherheitseinweisung, die auf Fähren gar nicht vorgeschrieben ist. Dazu später.
Die Kabinen der „Ciudad de Cádiz“.
Die Cuidad de Cádiz fährt auf den Meter genau die Seestrasse, die parallel zur afrikanischen Westküste schnurgerade nach Cádiz führt. Das ist schön mit einem GPS und einer installierten Seekarte zu verfolgen. Für Passagiere keine angenehme Route, denn fast immer laufen Wellen Backbord oder Steuerbord gegen den Rumpf. Entweder treibt einer heftiger Nordost Passat Wellen vor sich her, das befeuert den Kanaren Strom, setzt dieser aus, dann laufen Wellen, die weit draussen am Atlantik entstehen, Richtung afrikanischer Westküste an. Das heisst die Ciudad de Cádiz hat immer einen Kurs angelegt, bei der das gefürchtete „Rollen“ entsteht, eine kombinierte vorwärts-rückwärts links-rechts Bewegung des Schiffs. Besser kann der Magen nicht ausgehoben werden und auch alte Seebären werde da schon mal seekrank.
Die Ciudad de Cádiz hat keine Stabilisatoren, daher rollt das Schiff besonders intensiv. Fast jedem wird auf der Passage etwas oder sehr schlecht, wenn er nicht seeerfahren ist. Am besten ist es Diät zu halten. Alkohol wirkt kurz wohltuend, nachdem es als Nervengift den Gleichgewichtssinn stört, wirkt er nach kurzer Zeit verstärkend. Finger weg von Alkohol, keinen Tropfen. Mit zuckerhaltigen Getränken, Keksen, Salzgebäck liegt der Passagier auf der sicheren Seite. Zwei Tage Diät schadet niemandem und wer sich so verhält, viel an Deck ist, den Horizont als nicht schwankendes Objekt im Auge hat, sich bewegt, viel schlucken wirkt ebenfalls, wird gut über die Passage kommen. Wird es unter Deck einmal kritisch: Paspertin Filmtabletten wirken rechtzeitig eingenommen erstklassig. Der Effekt, dass sie müde machen nicht schlecht, wenn sie am Abend genommen werden. Guter Schlaf ohne Übelkeit garantiert.
Die Seereise im Pullman Sitz zu verbringen, der mindestens gebucht werden muss, ist eine echte Qual und nur ganz jungen und harten Reisenden zu empfehlen. Wer irgend kann, sollte eine Kabine zur persönlichen Nutzung buchen, um einen privaten Rückzugsbereich zu haben, wenn ihm elend wird. Es ist nicht erbauend, wenn nach einander mehrere Fremde in der Nasszelle über der Muschel kotzen und auf Grund des Seegangs nur selten treffen. So ist das in der Realität. Dauerfröhlichkeit wie am „Traumschiff“ Fiktion.
Es stellt sich die Frage Innen- oder Aussenkabine. Prinzipiell ist es egal. Wer die Vorstellung hat, gemütlich in der Kabine aus dem Fenster auf den Atlantik zu blicken und die Reise zu geniessen, wird schwer enttäuscht. Ein Bullauge, das salzverkrustet ist und die Sitzgelegenheit ein Hocker. Immer wieder einmal der Seegang auch so heftig, dass ohne die erhöhten Seitenteile der Kojen der Passagier am Boden landen würde. Der Wert der Aussenkabine mit Bullauge ist mehr psychologisch. Nachgewiesener Weise entsteht bei nicht seeerfahrenen Menschen ein guter Teil der Seekrankheit aus Angst. In einer engen Kabine ohne Fenster gleichsam „eingesperrt“ schweren Seegang zu ertragen, für viele eine Nervensache. Ein Bullauge hilft da sehr, um hinaus sehen zu können und festzustellen: Die Wellen sind viel kleiner, als das Schwanken des Schiffes vermuten lässt. Eine Kabine mit Tageslicht hilft auch, den Tag-Nacht Rhythmus einzuhalten. Interessanter Weise fühlen sich die Aussenkabinen viel besser belüftet an als die Innenkabinen. Vielleicht, könnte aber auch Einbildung sein.
Das Interieur der Kabinen der Ciudad de Cádiz: Ja, so müssen wohl die Zimmer der Ferienlager der FDJ an der Ostsee ausgesehen haben. Spartanisch, zweckmässig, ordentlich und sauber. Die Bettlaken sind blitz sauber, in besserem Zustand als in vielen Pensionen, die Matratzen ok, die Nasszelle kein Bad, spartanische Zelle eben. Aber sauber sind sie, da gibt es nichts. Am Wasserhahn kein „Grind“, eine Kernseife wie wohl bei der FDJ liegt bereit, ausreichend Handtücher und kaum zu glauben Frottee Bademäntel. Am Nachkasten der Kojen zwei Wasserflaschen, Hygiensets, ein Willkommen Schreiben. Alles ist einfach, aber es gibt nichts auszusetzen. Wird die Kabine mit jenen auf einem modernen Kreuzfahrer verglichen, dann kommt depressive Verstimmung auf. Aber, das hier ist eben keine „Harmony of the Seas“, sondern die Albayzín. Eine Fähre, das ist Fernbus am Wasser und dafür sind die Kabinen jedenfalls ok.
Kulinarik an Bord der „Ciudad de Cádiz“.
Auch vor einigen Jahren war das Essen an Bord der Albayzín nicht gerade ein Traum. Es lag so im Bereich Kantine, nicht sehr gelungen, aber für eine Fährpassage von zwei Tagen konnte gesagt werden: Ja, das kann ausgehalten werden. Doch mittlerweile geht es beim Mittag- und Abendessen grenzwertig zur Sache. U.a. wird Pasta serviert, Nudeln, vermischt aus frischen weich gekochten und anscheinend mehrmals aufgewärmten ramponierten Stücken, die sich zu einer soliden Betonpasta verdichtet haben. Übergossen wird diese Masse mit einem ölig-wässrigen interessant schillernden Sugo, das mässigen Geruch verbreitet. Die Optik des kredenzten Fleisches sendete die Nachricht: Ess mich nicht! Als Beilage empfahlen sich fettige, in sich zusammengefallene Pommes, mit partiellen beulenartigen Aufquellungen. Der gelernte Österreicher definiert dafür einen eigenen physikalischen Aggregatzustand, den er „Gatsch“ benennt. Nein, Trasmediterránea, hier wird eine Grenze überschritten. Mag sein, das es möglich ist, dieses Essen zu überleben, doch soetwas gehört in einer ordentlichen Küche in den Schweinetrog.
So geht der Passagier eher dazu über, das Frühstück als seine Haupt-Kalorienquelle zu ersehnen. Das ist international fast immer unverdächtig. Viel falsch machen lässt sich da nicht, solange es nicht schottisch mit dampfender Blutwurst und anderen Gustostücken daher kommt. Doch satt wird der Passagier, der im Besitz der Essensausgabe Coupons ist, nicht. Es gibt zwei klein gehaltene trockene Weissbrotstücke, die beim hungrigen Hineinbeissen zu den Ohren heraus stauben. Die Beilagen dürfen nicht selber genommen werden, sind rationiert. Ein Oberaufseher legt abgezählte drei Käse- und drei Wurstblättchen auf. Die Wahl Butter oder Marmelade, helles Wasser, zur Abrundung ein kleiner Yoghurt. Der Café Automat wird durch ein eigenes Crewmitglied streng bewacht, damit niemand die Chance hat, heimlich zweimal mit nur einem Coupon zu drücken. Der Automat produziert bräunliches Wasser mit interessanter Maggie Geschmacksnote. Verblüffender Weise führt das Getränk weder zu Übelkeit noch Sodbrennen. Trotzdem, besser einen Stock höher in die Bar gehen. Dort ist er deutlich besser.
Die Zeiten für das Essen fassen sind grosszügig bemessen. Da nichts frisch ist, geht das problemlos. Der Speisesaal ist schwach besucht. Anstellen an der Essensausgabe muss sich niemand länger als eine knappe Minute. Wer eine Kabine gebucht hat, bezahlt mit seinen ausgefassten Lebensmittelmarken. Eine kleine Flasche Wasser ist dabei, Rest extra. Und tatsächlich, das als „mas lucho“ vom freundlichen Mitarbeiter In Puerto del Rosario angekündigte a la Carte Restaurant samt Bedienung, existiert wirklich. Gegen rund 12,- Euro Aufpreis auf die Lebensmittelmarken, kann in einem abgezäunten Bereich Platz genommen werden und aus einer übersichtlichen Karte Vor-, Haupt-, Nachspeise gewählt werden. So keine geheime zweite Küche auf dem Schiff existiert, ist es wohl nicht notwendig, diesen Luxusservice in Anspruch zu nehmen.
Am Sonnendeck – „ … wo die Sekunden ins Meer fliessen.“
„Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf’m Sonnendeck. … wo die Sekunden ins Meer fliessen.“ singt PeterLicht. Das Sonnendeck der Ciudad de Cádiz, das ist der Hubschrauberlandeplatz. Korrekt heisst es Lazarett Deck, da dort die Krankenstation angesiedelt ist. Es ist der schönste Platz am Schiff und ob Sturm oder Sonne, ein Erlebnis dort oben seine Zeit zu verbringen, die wie im Fluge vergeht. Die Sekunden, die Stunden fliessen ins Meer. Beeindruckende Szenerie, Passatwolken treiben über den Himmel, Wellenberge laufen an, berauschende Lichtstimmungen werden von der Natur zelebriert. Nicht nur die Sonnenauf- und -untergänge vereinnahmend schön, auch die Dämmerung draussen am Atlantik von mystischer Stimmung. Das rhythmische Schwanken unter Deck eine Qual, dort oben verleitet es zur meditativen Einkehr.
Eine Neuerung auf der Ciudad de Cádiz ist der Versuch, das Lazarett Deck zur chilligen Sommer Location umzugestalten. Eine Aufschrift „enjoy summer“ motiviert den Sommer zu geniessen. Nun gut, mittlerweile hat sich der Sommer auf die südliche Erdhalbkugel, es ist schon November, verzogen. Und so ganz will das doch recht lieblos inszenierte Chillout-Deck nicht gelingen. Rustikal zusammen gezimmerte Sitzbänke und Sessel, zwei Liegen und einwenig Grünzeug geniessen es, sich völlig frei am schwankenden Deck von Reling zu Reling bewegen zu dürfen, mal Backbord, mal Steuerbord, gerne auch Richtung Bug oder Achtern. Die Krone setzt eine improvisierte Aussendusche auf. Selbst im August kann es am immer sehr stürmischen Oberdeck, es wird der Nordost Passat durchkreuz und der bläst am stärksten im Sommer, gar nicht so heiss werden, dass dem Passagier mitten am Atlantik nach einer kalten Dusche wäre.
Fern dieser Schmähungen des gutgemeinten aber recht holprigen Versuchs eines sicher engagierten Mitarbeiters, ist das Lazarett Deck für Passagiere einfach der beste Ort am Schiff. Höher kommt nur die Crew. Und wer sich an die Wand der Lazarettstation setzt, wird verblüfft feststellen, dort ist es völlig windgeschützt, während Passagiere, die an der Reling zum Auto Deck stehen, vom Sturm durchgeschüttelt werden. Die Krankenstation ist wie ein Windschild. Es liegt immer Nordkurs an. So ist der Passagier vor dem Nordost Passat geschützt, vor dem Fahrtwind bei immerhin 40 km/h, Achtern ebenso. Scheint die Sonne, ist es besonders herrlich dort. Blick über Achtern immer nach Süden. Sonne bei klarem Himmel von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Fantastisch und um fair zu bleiben: Der Versuch der Umgestaltung ist zwar nicht gerade gelungen, aber wenigstens kann sich der Passagier nun irgendwo hinsetzen. Los ist am Deck kaum etwas, überraschend aber angenehm.
Anders denken: Der Reiz einer Seereise.
Seereisen sind etwas Fantastisches. Echte Seereisen, also nicht Reisen auf dem Wasser in Hotelkomplexen, die der Wasserfront in Benidorm an der Costa Brava entliehen wurden und denen ein Rumpf unterbaut wurde, um sie schwimmfähig zu machen. Das sind Kreuzfahrten, keine Seereisen. Das ist gänzlich etwas anderes. Letztere schränken den Geist ein, erstere erweiteren ihn ganz erstaunlich.
„Reisen macht einen bescheiden. Man erkennt, welch kleinen Platz man in der Welt besetzt.“ schrieb der stilsichere Gustave Flaubert, als er von seinen Reisen aus dem Vorderen Orient zurück kehrte. Wie recht er doch hat. Das sei der egomanischen selbstverliebten Instagram Generation ins Stammbuch geschrieben. Reisen zeigt dem Menschen nicht nur seinen eigenen Stellenwert, es löst auch ganz wundersame Dinge in seinem Gehirn aus, wie der Neurologe Oliver Sacks in Experimenten nachwies. Bewegen sich Menschen aus ihrem gewohnten Umfeld heraus und begeben sich an neue, für sie exotische, unbekannte Orte, dann geschieht bemerkenswertes mit ihnen. Das Gehirn beginnt eingefahrene Denkmuster zu durchbrechen und entwickelt für ein und dasselbe Probleme neue Lösungsansätze. Dieser entstehende „Strom an Kreativität“ ist sogar messbar. Und genau das macht eine Seereise. Eine Kreuzfahrt nicht, denn dort ist möglichst alles so wie zu Hause, nur die Bespassung macht den Unterschied.
Auf einer Seereise ist die Landratte in maximaler Weise aus seinem bekannten Leben heraus gerissen. Nichts ist so wie zu Hause. Der Fussboden der Wohnung schwankt eben nicht permanent, es riecht dort auch nicht nach salziger Meerluft und ausschliesslich von Wasser sind die eigenen vier Wände auch nicht umgeben. Nichts ist so, wie es noch vor Stunden war. Garniert wird das Ganze mit stark emotional aufgeladenen Momenten: Ein atemberaubender Sonnenaufgang dort oben am Lazarett Deck, der euphorisierend wirkt, oder stock dunkle Nächte am Atlantik bei massivem Wellengang. Das sind dann die Momente, die ängstigen können. Aber auch diese leisten ihre positiven Dienste für das Gehirn.
Intuitiv wussten Künstler das immer schon und es ist nicht verwunderlich, dass die grossen Werke fern der gewohnten Umgebung entstanden. Künstler begaben sich auf Reise. Göthe brach zur Italienreise auf. Zwar ging er fast nie zu Fuss, wie in idealisierten Bildern der Chronisten zu sehen ist, er nutzte Kutschen und wenn das nicht mehr ging, liess er sich eben tragen. Aber als Göthe dann den Brenner hinter sich gelassen hatte und am Gardasee ankam, war er in Torbole bereit, die Iphigenie auf Tauris zu schreiben. Nietsche reiste ins Engadin, um „Also sprach Zarathustra“ zu erschaffen, Wagner in eine Villa in Ravello mit Blick auf das fantastische Blau des Tyrrhenischen Meers, um zu komponieren. Reisen verändert den Menschen. Insofern stimmt ausnahmsweise einmal der Spruch „der Weg ist das Ziel“. Dem ZEN Buddhisten, der nach Perfektion strebt, dem gefällt dieser Kalenderspruch so gar nicht, denn er sagt tatsächlich: „Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“. Und auch nur so kommt der Passagier auch sicher in Cádiz an.
Warum ist die Reise auf der alten Schabracke Albayzín etwas besonderes? Das ist auf den ersten Blick schwer verständlich, denn sie ist alt, wenig komfortabel, das Essen grenzwertig. Der Reisende wird nicht nur aus seinem Umfeld gerissen, sondern wird auch zu einer kleinen Askese gezwungen, der er kaum entfliehen kann. In Klöstern wird gefastet, Religionsschöpfer gingen in die Wüste. Die Albayzín ist soetwas in einem „light Modus“. Die Passage ist für den Körper eine Plage, für den Geist eine Frischzellenkur und das im wahrsten Sinne des Wortes. Und wer sich weigert selbstmitleidig in der Kabine herumzuliegen, stattdessen bei Wind und Wetter auf das Lazarett Deck hinauf zu steigen, um zu nachschlafender Stunde den Sonnenaufgang auf See zu erleben, der wird seinem Geist und seiner Seele einen grandiosen Dienst erweisen.
Hunde an Bord: Unterwegs mit dem besten Freund.
Gar nicht solange her, da liefen Hunde in Kabinen herum. Damit ist nun Schluss. Für sie wurden am PKW Deck zwei Container aufgestellt, in denen sie in Einzelhaft die Passage durchstehen müssen. Dreimal am Tag wird der Zugang zum PKW Deck und den beiden Containern aufgesperrt. Dann können die Vierbeiner gefüttert, gestreichelt und Gassi geführt werden. Das Hundeklo ist das PKW Deck. Zivilisierte Mitteleuropäer entfernen die Rückstände, die vielen nordafrikanischen Passagiere lassen sie ungeniert am Deck liegen. Ein Trasmediterránea Mitarbeiter macht dann mit Schaufel und Besen die Runde. Dieses Klientel ist auch fast ausschliesslich mit Kampfhunden unterwegs. Dass nun auch Security am Schiff mitreist, wohl kein Zufall. Früh morgens, kurios, dringen Hahnenschreie aus den Containern. Nordafrikaner, die von den Kanaren mangels direkter Fährverbindung via Cádiz Tangier ansteuern, habe sich mit Hähnen eingedeckt.
Sicherheit.
Viel wird im Netz über die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen auf der Ciudad die Cádiz geschimpft. Vieles von dem entstammt der völligen Unwissenheit der Kritiker. Wer ein Schiffspatent besitzt, sieht das Ganze etwas anders und kann auf der Fähre in Bezug auf Rettungseinrichtungen keine Mängel erkennen. ¡Viva España! sah sich das so akribisch an, das die Crew schon aufmerksam wurde.
- Eine Fähre ist kein Kreuzfahrer. Die Sicherheitseinweisungen, die auf letzteren extensiv, oft auch zur Beschäftigung der Passagiere, abgehalten werden, sind auf einer Fähre nicht vorgeschrieben. Das ginge sich zeitlich gar nicht aus. Wie sollte das bei einer 20 Minuten Überfahrt von Fuerteventura nach Lanzarote beispielsweise machbar sein? Trotzdem hielt auf dieser Passage die Kapitänin eine solche ab und zwar in allen Details über die Bordlautsprecher, die auch jede Kabine beschallen. Jeder hätte mitmachen können, tat aber niemand. Diesbezüglich lief von der Schiffsführung alles über korrekt ab.
- Die unversperrten Kisten an Deck, in denen sich die Rettungswesten befinden, werden des öfteren kritisiert. So ein Schiff sinkt, ist es nicht besonders hilfreich, wenn erst ein Schlüssel gesucht werden muss. Natürlich dürfen sie nicht versperrt werden. Um vor dem Diebstahl abzuschrecken, wird das Beschädigen oder Stehlen von Rettungsmitteln drakonisch bestraft.
- Auf Fähren sind Schwimmwesten nur an Deck jeweils an den Sammelstationen Vorschrift. Trotzdem befinden sich in jeder Kabine der Ciudad de Cádiz für die maximal mögliche Belegung eine gut sichtbare, leicht zu greifende und nagelneue Rettungsweste.
- In jedem Gang hängen Fluchtpläne, sind Feuermelder und Löschgeräte griffbereit, an Deck befinde sich deutlich markierte Löschwasser Anschlüsse.
- Auf allen Decks sind Rettungsinsel installiert, die alle mit aktuellen Prüfsiegeln versehen sind. Besonders wichtig, sie sind abwurfbereit montiert, wie es der guten Seemannschaft entspricht.
- Lebensrettend das Dingi, das Beiboot, denn es ist bei Mann über Bord nahezu die einzige Chance auf Rettung. Wird nicht sofort eine Bergung eingeleitet, ist im Wellenmeer niemand mehr zu finden. Das Dingi hängt startklar ohne Plane und mit einsatzbereitem Aussenborder am Kran. Am Ausgang zum Dingi sind Schwerwetter- und Überlebensanzüge in Boxen griffbereit platziert.
- Auch die Rettungsboote scheinen einsatzbereit zu sein. Die Winden, Rollen und Stahlseile alle frisch gefettet, die Boote nicht die Neusten aber einsatzbereit. Wie es mit dem Motor aussieht, darüber kann natürlich nichts gesagt werden.
Das Resümee: Rettungsmittel befinden sich in grösserer Anzahl an Bord, als vorgeschrieben. Alle sind mit aktuellen Prüfsiegeln versehen. Eine Sicherheitseinweisung wurde als Kür durchgeführt. Die grosse Unbekannte bei all dem ist immer die Crew. Ist sie so trainiert, dass sie im Ernstfall die Nerven bewahrt, nicht in Panik verfällt und in schlafwandlerischer Routine das Rettungsprogramm abspult? Nur wenn das automatisiert, immer wieder geübt, eintrainiert ist, dann können auch schwere Unglücke glimpflich abgehen. Diese Frage kann wenn, nur der Kapitän oder in diesem Fall die Kapitänin beantworten. Aber wie es den Anschein hatte, nahm sie das Thema sehr ernst.
Sonnenaufgang und dann Cádiz!
Bricht am Sonntag die Dämmerung an, sollte niemand in seiner Kabine liegen und seine Seekrankheit pflegen. Raus aus der Koje und an Deck. Eine frische Seebrise und ein phänomenales Erlebnis wartet auf den Passagier.
Wenn der Horizont in der Ferne beginnt leicht zu leuchten, dann läuft die Ciudad de Cádiz entlang der afrikanischen Westküste Richtung Tangier. Hat der Passagier das häufige Glück eines klaren morgens, dann wartet ein Spektakel auf ihn. Der Horizont erhellt sich, tiefrotes Glühen, das nach und nach in Gelb über geht und ist das erloschen, dann steigt unerwartet und plötzlich der Feuerball aus dem Meer. Was für eine Dramaturgie! Ruhig ist es an Deck. Kaum eine Handvoll Leute sind zu sehen. Ist es spät im Jahr, ist die Fähre bei Sonnenaufgang noch rund eine Stunde von Tangier entfernt, das gegen 9:00 WEZ querab liegen wird. In der Weite tauchen die ersten Silhouetten von grossen Frachtschiffen auf. Das ist die Seestrasse durch die Meerenge von Gibraltar, auf die die Ciudad de Cádiz zuhält. Die Sonne wärmt angenehm am Hubschrauber Deck und der Wind lässt deutlich nach. Die Zone des Nordost Passat wurde verlassen. Öffnet die Bar einen Stock tiefer um 8:00 Uhr, Zeit einen Café zu holen und den Rest der Reise dort oben an Deck zu verbringen.
Nun geht es durch regen Schiffsverkehr, zwei Seestrassen kreuzen sich, überall Schiffe, mal näher mal ferner. In der weiten diesigen Ferne lässt sich bei entsprechendem Wetter Gibraltar ausmachen. Dorthin ins Mittelmeer oder von ihm kommend, sind die Schiffe zur Meerenge von Gibraltar unterwegs. Nicht nur der rege Schiffsverkehr ist eine Herausforderung, sondern auch die Strömung. Die Spiegeloberfläche des Mittelmeeres ist tiefer als jene des Atlantiks. Daher strömt von ihm Wasser in das Mare Nostrum und dass gar nicht so langsam. Je nach Windstärke und Tide variiert die Stärke der Strömung und bewegt sich zwischen 3 bis 6 Km/h. Das liess die „Säulen des Herakles“, so wurde in der Antike Gibraltar genannt, zur unüberwindbaren Hürde für Seefahrer jener Zeit werden. Erst als entdeckt wurde, dass es auch eine umgekehrte Tiefenströmung geben müsse, sonst wäre Europa irgendwann überflutet worden, wurde die Passage gemeistert. Treibanker aus Segeltuch wurden in die Tiefe abgelassen, welche die Segel oder Ruderer unterstützend, die Schiffe durch die Meerenge zogen.
Hat die Ciudad de Cádiz diese Seestrasse gekreuzt, nimmt sie wieder Fahrt auf, wird deutlich schneller und läuft in den Golf von Cádiz ein. Schemenhaft in der Ferne Land in Sicht. Es dauert noch, denn es ist weiter entfernt als vermutet. Das Wasser wird immer heller, das dunkle Blau oder Schwarz verschwindet, denn der Golf von Cádiz ist seicht. Dann endlich taucht sie auf, die „Puente de la Constitución de 1812“. Cádiz in Sicht! Die Brücke erinnert an die Proklamation der Verfassung von Cádiz. Vor 3.000 Jahren war die Stadt der westlichste Aussenposten der Phönizier auf europäischem Boden.
Cádiz, die Stadt der Phönizier ist erreicht!
Je näher die „Puente de la Constitución de 1812“ rückt, desto langsamer ist die Ciudad de Cádiz unterwegs. Das Wasser unter dem Kiel helles Türkis. Die Bucht von Cádiz ist extrem seicht. Überall lauern Sandbänke, die förmlich durch das kristallklare Wasser zu sehen sind. Bald taucht der „práctico“ auf, der Lotse. Er geht im kleinen Schiff längseits, kommt an Bord und übernimmt die Brücke. Nun befehligt er und nicht die Kapitänin das Schiff und lotst die Fähre durch die seichte Fahrrinne. Am Ruder sitzt er nicht, wie manch einer glaubt. „El práctico“ gibt Befehle, denn er kennt das Verhalten des Schiffes natürlich nicht. Backbord voraus ist die Fährmole zu sehen, Steuerbord die Kreuzfahrermole. Direkt dahinter die schneeweiss Cathedral de Santa Cruz de Cádiz und die herrliche Altstadt dieser reichen Handelsmetropole. Was für ein Szenerie! Einprägsame Bilder, geniessen, die Passagiere stehen andächtig an der Reling, das lässt niemanden kalt. Bilder, die manch einer nur einmal in seinem Leben zu sehen bekommt. Eine Atlantikpassage geht zu Ende. Für manch einen endet ein kleines Abenteuer, aber auch für die alten Haudegen dieser Fähre fühlt sich das Einlaufen in den Hafen von Cádiz immer ganz besonders an. Vergessen das schlechte Essen und andere Dinge des Lebens, die nicht angenehm waren, aber Randnotizen im grossen Ganzen und bald vergessen sind.
Der Blick auf die Mole beim Anlegemanöver holt den Passagier wieder zurück in den Alltag. Unten am Pier hat sich bereits die Guardia Civil in Stellung gebracht, eine Grenzstation errichtet, Drogenhunde warten. Nun geht das Prozedere los: Runter vom Schiff, Pass herzeigen, Hunde schnüffeln, wirkt etwas verdächtig, raus und schnell ist das Auto von zwei Männern im Blaumann leer geräumt. Das kann auch einer ganz harmlosen Familie zustossen. Der Beamte, der die Pässe checkt, hält ein unauffälliges Gerät in der Hand. Es ist ein Gerät, um eine Zufallsstichprobe zu ziehen. Irgendwann gibt es ein Signal. Wen es trifft: „In schā’ Allāh“, da kann man nichts machen. Jetzt ist man fällig und das ist lästig. Dass der Passagier eigentlich aus dem Schengenraum kommt, noch nicht einmal Spanien verlassen hat und Grenzkontrollen gar nicht EU konform sind, das interessiert Spanier so gar nicht. Sie machen, wie ihnen gefällt, Brüssel ist weit. In Bezug auf EU Förderungen sind Spanier aber geradezu EU Liebhaber. Das Guardia Civil Schengen Grenzpatrouillen Boote, beispielsweise die „Río Tambre“ auf Gran Canaria, wurde selbstverständlich vom Europäischen Außengrenzenfonds bezahlt!
„Abschied ist solch bittersüßer Schmerz.“
Diesen Satz erschuf Shakespeare, der facettenreiche Meister der Bildsprache und der ist wie gemacht für einen Abschied von der Ciudad de Cádiz. Der Passagier ist froh endlich sicher von Bord zu kommen und doch schwingt eine gewisse Wehmut mit. Das ist eigenartig.
„Ciudad de Cádiz, du bist eine alte Schabracke! Kochen kannst Du auch nicht und richtig gut riechst du alte Dame auch nicht mehr. Aber schön war die Überfahrt mit Dir. Karg, spartanisch, anstrengend und schon gar nicht „mas lujo“, wie angekündigt. Die Passagiere so missmutig wie Deine Crew, liederlich schaukelst Du durch die Wellentäler und gibst dem Passagier nicht den Eindruck, dass Du ihn mögen würdest.“
Aber dieses leicht morbide Ambiente schärft den Blick und den Geist für Momente, in denen das Leben in den Adern pocht. Die wilde See, die das Schiff beutelt, die Gischt, die bis zum Lazarett Deck hinauf spritzt und jenen ins Gesicht schlägt, die dort oben auf den Sonnenaufgang warten. Dann findet Abenteuer statt. Das ist nicht Alltag, das ist besonders. Das erlebt niemand so auf den dicken komfortablen Schiffen. Nein, die Ciudad de Cádiz ist nicht schön, aber eine ehrliche Haut. Mit ihr ist es wie mit einem alten Ehepartner: Die feurige Liebe ist vergangen und wurde von Vertrautheit abgelöst. Es wird zusammen gealtert, in Zeitlupe, und so übersieht und verzeiht der treue Passagier, dass das Schiff, wie auch er selber, bei jeder Passage einwenig älter und ramponierter ist. Vielleicht noch ein letztes mal, ein aller letztes mal mit der alten Albayzín zurück auf die Kanaren und danach vielleicht doch mit Fred.Olsen nach Huelva. Wer weiss. Ausgeschlossen ist nichts, die Zukunft ungewiss. ¡Mañana sera otro día!
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Anmerkung.
Und wie immer: Dieser Artikel ist unabhängig und enthält weder Werbung noch Promotion. Der Bericht beruht auf der Passage Puerto del Rosario nach Cádiz vom 23. November 2020 und fand bei ruhigem Wetter statt. Berichte wie dieser sind lediglich Momentaufnahmen.